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Feldversuch Elektro gegen Verbrenner: Vergleich unter Realbedingungen

Wie stehen sich E-Auto und Verbrenner in Sachen Verbrauch, Reichweite und Kosten gegenüber? In einem einjährigen Feldversuch hat die Hochschule Wismar wichtige Daten gesammelt.

feldversuch elektro gegen verbrenner: vergleich unter realbedingungen

Reichweite Elektroautos Sommer Winter

Auf ein E-Auto umsteigen oder nicht? Das ist derzeit die Frage, wenn es um den Kauf eines neuen Wagens geht. Die Themen Reichweite, Batteriekapazität oder Verbrauch – gerade auch in Bezug auf die saisonalen Unterschiede – führen noch immer zur Verunsicherung bei Kunden. Hier kommt Elektrotechnik-Professor Ansgar Wego ins Spiel, der an der Hochschule Wismar lehrt. “Die Datenlage zu realen Alltagsverbräuchen von Elektroautos war und ist noch immer unzureichend”, meint er. Auch Verbrauchsermittlungen aus Einzelfahrten seien wenig aussagekräftig, gerade wenn Witterungseinflüsse berücksichtigt werden sollen. ,

Daher führte er mit seinem Team einen zwölfmonatigen Feldversuch durch, um an statistisch belastbare Daten zum Alltagsbetrieb von E-Autos zu gelangen. Testwagen war ein VW ID.3. Um das Ergebnis in Relation zu setzen, lief der Versuch parallel mit einem VW Golf mit Dieselmotor.

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Wichtig war Wego, den Versuch alltagsnah zu gestalten. Es sollten und mussten keine exakt reproduzierbaren Laborbedingungen herrschen. Dennoch ist das Fahr- und Streckenprofil beider Fahrzeuge “gleichbleibend gewesen, da die wiederkehrenden Fahrten mit fast immer demselben Fahrer durchgeführt wurden”.

E-Nachteile kaum relevant

Und das Ergebnis? “E-Autos und Verbrenner sind hinsichtlich ihrer Betriebseigenschaften recht unterschiedlich, sodass ein pauschaler Vergleich schwerfällt”, meint er. Dennoch ließen sich aus den Ergebnissen des Feldversuchs Vor- und Nachteile ableiten.

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Es sei bekannt, dass Verbrenner derzeit noch deutlich höhere Reichweiten gegenüber Stromern vorweisen. Das bestätigte auch der Alltagstest: Der VW Golf hatte im Jahresdurchschnitt eine Reichweite von 1.062 km, während der ID.3 im Schnitt 374 km weit kam. “Doch im vorgestellten alltäglichen Nutzungsprofil ist dieser Nachteil kaum relevant”, ist Wego überzeugt. Selbstverständlich lassen sich die saisonalen Verbrauchsunterschiede, die beim Elektroauto erwartungsgemäß hoch ausfielen, nicht kleinreden.

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Ein um 18 Prozent höherer Verbrauch bei einem Reichweitenverlust von 15,3 Prozent im Winter schlug im Feldversuch zu Buche, während der Diesel nur kleine Schwankungen aufwies (siehe Grafik). “Die signifikanten Unterschiede bei Elektrofahrzeugen erfordern eine vorausschauende Fahrzeugnutzung für die Wintermonate”, bestätigt Wego. Diese Einschränkungen seien aber im Alltag hinnehmbar. Auch was den Wertverlust betrifft, hat kein Antrieb die Nase vorn. Denn er wird bei Verbrenner und E-Auto von der Laufleistung bestimmt.

Nur, dass beim Stromer auch noch die Abnahme der Batteriekapazität eine Rolle spielt. Auch hierzu sammelte Wego Daten, indem während des Feldversuchs eine Messfahrt inklusive Hochrechnung durchgeführt wurde, die zeigte, dass die Angst vor einem “rapiden Kapazitätsverlust der Fahrbatterie” unbegründet ist. Vor allem, weil aus Sicht des Wissenschaftlers so auch klar wurde, dass sich ein energieschonender Lade- und Entladebetrieb realisieren lässt.

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Der Professor kommt bei seiner Berechnung auf eine Degradation des Akkus von drei Prozent nach 50.000 km Laufleistung. Also ist auch bei einem Stromer “mit hoher Laufleistung und dem hier vorgestellten Nutzungsprofil noch mit einem hohen Gebrauchswert zu rechnen”, heißt es im Bericht.

Energetisch besser

Was bleibt dann noch übrig? Der Energiebedarf. “Aufgrund steigender Energiekosten wegen der aktuellen wirtschaftspolitischen Lage wird ein nachhaltiger und wirtschaftlicher Betrieb von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren immer schwieriger”, sagt Wego. Mit Blick auf den Wirkungsgrad schnitten E-Fahrzeuge deutlich besser ab.

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Das zeigte sich auch im Feldversuch an der HS Wismar. Über das gesamte Jahr hatte der Golf gegenüber dem ID.3 einen rund 3,5-fach höheren Energieverbrauch – und das trotz eines durchschnittlichen Ladeverlusts von zwölf Prozent beim Stromer. “Aus energetischer Sicht geht der ID.3 aus diesem Vergleich daher als eindeutiger Sieger hervor, ohne dass im täglichen Fahrbetrieb deutliche Einschränkungen hinzunehmen wären”, meint Wego.

Das macht sich auch kostenseitig deutlich bemerkbar. Rechnet man mit einem kWh-Preis von 45 ct (AC-Laden) und einem Dieselpreis von 1,85 Euro macht das einen Unterschied von 831 Euro im Testzeitraum. Bedenkt man die geringeren Wartungskosten beim E-Auto, erleichtert das die Kaufentscheidung doch gleich ein bisschen mehr.

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