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Fahrbericht: Renault Kangoo E-Tech Electric Eine runde Sache

Wer an einen Hochdachkombi denkt, der sieht vor dem geistigen Auge zumeist einen Renault Kangoo. In Anlehnung an eine beliebte 1990er-Jahre-Werbung unter Umständen sogar einen, der ein Nashorn in emotionale Wallungen bringt. Grundsätzliches Design und Gene des Kangoo sind seit Jahrzehnten weitgehend unverändert, denn er ist praktisch, variabel und begleitet die Familie mit mächtigen Schiebetüren und zahllosen Ablagen in ihrer höchst abwechslungsreichen Entwicklung. Doch nicht allein die preisbewusste Familie mit mindestens zwei Kindern steht auf den hoch gebauten Franzosen-Skischuh, sondern auch Handwerker, denn die Nutzfahrzeugversion ist bei Gewerbetreibenden kaum weniger beliebt. Im Unterschied zur Pkw-Variante gab es diese in der vorherigen Version schon einmal als Elektroversion.

Eine runde Sache

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© press-inform – das Pressebuero

Renault Kangoo E-Tech Electric

Darüber können sich nunmehr auch Familien mit ein bis drei Kindern freuen, denn ebenso wie die Schwestermodelle Mercedes EQT und Nissan Townstar eignet sich das Hochdachmodell aus Frankreich an sich perfekt für einen Elektroantrieb, da Höchstgeschwindigkeit, große Reichweiten und Luxusausstattung keine nennenswerte Rolle spielen, wenn die Kinder in die Schule gebracht werden oder der Großeinkauf nach Hause transportiert werden muss. Daher fallen offensichtliche Nachteile wie eine überschaubare Reichweite von 285 Kilometern oder eine allzu schmale Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h kaum ins Gewicht, wenn es um die Kaufentscheidung geht. Auch mit Elektroantrieb ist der Renault Kangoo einer, auf den man sich verlassen kann. Kinder auf die Rückbank, Gepäck oder Einkauf in den Laderaum und schnell weiter zum nächsten Termin in der City.

Der 4,49 Meter lange Renault Kangoo E-Tech Electric ist perfekt für die Stadt sowie das städtische Umfeld und gerade hier ist der Elektromotor an der Vorderachse mit seinen 90 kW / 122 PS / 245 Nm Drehmoment allemal ausreichend. Zugegeben, sind die maximal 132 km/h dünn, wenn es doch einmal zum Wochenendausflug in die Eifel oder die Rhön geben soll; auch weil es ab Tempo 110 allzu dünn mit dem Vortrieb wird und Überholvorgänge wohl vorbereitet sein sollten. Mehr denn je gilt das im Ecomodus, wenn statt der 122 nur noch 75 PS und 110 km/h bereitgestellt werden, um die Reichweite zu maximieren. Wer jedoch allein in der City sein Tagwerk verrichtet, der kommt auch im Ecomodus nebst drei Rekuperationsstufen solide voran, ohne zum Verkehrshindernis zu werden. Im Unterschied zum normalen Kangoo mit Verbrennungsmotor spürt der Fahrer das höhere Gewicht von mächtigen 1,8 Tonnen, das stramme Anfedern der Dämpfung gerade an der Vorderachse sowie die sehr leichtgängige und recht gefühllose Lenkung. Stören dürfte das jedoch niemanden. Dafür verzichtet man gerne auf manuelle Schaltvorgänge rund freut sich über die beiden Displays mit sieben sowie acht Zoll Diagonalen.

Hinter dem Steuer werden die zentralen Fahrinformationen wie Tempo, Reichweite oder Fahrmodus einfach und übersichtlich dargestellt. In der Mitte der Armaturentafel haben die Insassen auf einem zugegeben recht grobpixeligen Bildschirm Navigationskarte, Soundsystem und Komfortfunktionen im Blick, während das eigene Smartphone vernetzt daneben eingeclipst wird – passt. Praktisch, übersichtlich, Kangoo. Das Platzangebot ist auch in der zunächst verfügbaren Version mit normalem Radstand mehr als ordentlich. Die um 25 Zentimeter verlängerte XL-Variante folgt Ende des Jahres. Leider frisst die Lithium- Ionen-Batterie im Unterboden einiges an Raum, sodass groß gewachsene Personen in der zweiten Reihe mit angewinkelten Beinen sitzen müssen. Kinder bis 1,50 Meter dürfte das jedoch kaum stören, wenn sie das Tablet in der Hand haben oder am Smartphone spielen. Die Rückbank lässt sich wie gewohnt umklappen oder um bis zu 14 Zentimeter in der Länge verschieben. Gerade im Innenraum kann der Familienfreund wie gewohnt punkten. Abzüge gibt es dafür, dass die Schiebetüren oder die Heckklappe nicht auf Wunsch elektrisch zu bedienen sind, wie dies in den USA beispielsweise auch bei günstigen Familienvans seit vielen Jahren angeboten wird. Unverständlich auch, warum eine sinnvolle Sitzheizung im Fond fehlt, die bei den meisten Elektroautos zum Standardpaket gehört, damit sich die Insassen trotz Elektroantrieb schnell wohl fühlen.

Die 45-kWh-Batterie im Unterboden reicht bei warmen Temperaturen je nach Einsatzgebiet für rund 300 Kilometer. Mehr als diese mäßige Reichweite für ein Fahrzeug des Jahres 2023 nervt die unzeitgemäße Ladegeschwindigkeit, denn maximal 80 kW sind kaum als Schnellladung zu bezeichnen, wenn man einmal auf längeren Strecken unterwegs ist und nachzapfen muss. Serienmäßig sind zudem allein 11-kW-Ladeleistung. 22 kW und 80 kW Schnellladung sind nur gegen Aufpreis zu bekommen, was nicht nur Privatnutzer, sondern gerade auch Gewerbetreibende stören dürfte, die zwischen den Kundenterminen nachladen wollen. Immerhin befindet sich der Stromanschluss griffgünstig vorne im Kühlergrill hinter dem Markensignet.

So praktisch der Renault Kangoo E-Tech Electric ist, an eine Sache müssen sich die potenziellen Kunden ebenso wie bei allen anderen Elektroautos gewöhnen: den stattlichen Preis. Denn bereits das mäßig ausgestattete Basismodell kostet mindestens 39.300 Euro. Sinnvoll ist jedoch allein die Variante des Kangoo E-Tech Electric Techno mit 22 kW- / 80 kW-Lademöglichkeit, die mindestens 43.500 Euro kostet. Mit beheizter Windschutzscheibe, Lenkradheizung sowie Abstandstempomat, Multimediasystem und Einparkhilfe wird die 45.000-Euro-Marke problemlos geknackt. Der 130-PS-Benziner startet bei 27.000 Euro.

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