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Fahrbericht: Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200 Raumwunder

Wenn Franzosen von Downsizing reden, dann offenbar nicht nur in einer Hinsicht. Zumindest haben die Renault-Ingenieure beim neuen Espace dieses Konzept in mannigfaltiger Hinsicht umgesetzt: Der hybridisierte Dreizylinder-Benziner ist die einzige Antriebsvariante und die Außenmaße sind ebenfalls geschrumpft. Die sechste Generation ist mit einer Länge von 4,72 Meter um 13,6 Zentimeter kürzer als der Vorgänger, weist dabei eine Innenraumlänge von 2,48 Meter auf. Jeder, der sich jetzt schon mit angezogenen Knien in embryonaler Haltung auf der zweiten Sitzreihe kauern sieht, kann sich beruhigt zurücklehnen. Auch bei diesem Espace ist der Name Programm. Zumal sich die Fondsitzbank um 22 Zentimeter in der Längsrichtung verschieben lässt, was zu einer maximalen Kniefreiheit von 32,1 Zentimeter führt. Nutzt man das zur Gänze aus, kann man zumindest auf den ersten beiden Reihen dem Savoir-vivre frönen.

Raumwunder

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Renault Espace E-Tech Full Hybrid 200

Anders schaut die Sache ganz hinten aus. Die zwei versenkbaren Stühle sind als Notsitze beziehungsweise für Kinder geeignet. Da die sieben Plätze ohne Aufpreis erhältlich sind, ist das eine gute Option. Dennoch: Auch wenn der Espace wie der Astral und das kommende Flaggschiff Rafale auf der neuen CMF-CD- Plattform der Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz steht, kann auch die ausgeklügelte Raumökonomie das Diktat der Abmessungen nicht völlig aushebeln. Das zeigt auch das Kofferraum-Volumen, das zwischen 159 (Siebensitzer) und 1.714 Liter (1.818 Liter beim reinen Fünfsitzer) bei versenkten Sitzen beziehungsweise umgelegten Lehnen der Rückbank variiert. Allerdings finden nur Personen mit weniger als 1,80 Meter Körpergröße unter der aufgeschwungenen Heckklappe Platz und der Stummelscheibenwischer säubert nur einen Teil der hinteren Scheibe.

Die zweite Downsizing-Maßnahme betrifft die Antriebsvielfalt. Statt eines ganzen Potpourris an Motoren gibt es nur noch eine Version. Einen Dreizylinder-Benziner mit einem Hubraum von 1.199 Kubikzentimetern, was ja schon an sich Downsizing definiert. Auf sich alleine gestellt, generiert das Aggregat 96 kW / 131 PS, was für ein Großraum-SUV wie den Espace mit einem Gewicht von 1.694 Kilogramm (215 Kilogramm weniger als der Vorgänger) nicht besonders üppig ist. Also ergänzen die Techniker den Verbrennungsmotor mit dem Hybrid-Modul, das schon bei anderen Modellen wie etwa dem Arkana-zum Einsatz kommt. Allerdings mit zwei stärkeren Elektromotoren: Die Haupt-E-Maschine trägt 50 kW / 68 PS zum Vortrieb bei und der HSG-Generator 18 kW / 25 PS. Insgesamt ergibt das eine Systemleistung von 105 kW / 199 PS und ein maximales Drehmoment von 230 Newtonmetern. Rein elektrisch sind es 205 Nm.

Das Antriebs-Trio nutzt ein Prinzip, das dem des Formel-Motors gleicht. Die zentrale Schnittstelle des Antriebsstrangs ist das DogBox-Getriebe ((im Renault Jargon “Multi Mode”), das in der Charakteristik einer CVT-Automatik ähnelt. Der verhältnismäßige starke Starter-Generator ist für die ideale Drehzahl verantwortlich, um die fehlende Synchronisation auszugleichen. Das Getriebe ermöglicht laut Renault 15 Fahrstufenkombinationen inklusive Leerlauf und soll so immer die richtige Antwort auf die jeweilige Fahrsituation parat haben. Da die Batterie lediglich eine Kapazität von zwei Kilowattstunden (1,7 kWh netto) kein Energiespeichermonster ist, geht es nicht darum, möglichst weit rein elektrisch zu fahren, sondern möglichst oft. Darauf zielen auch die andauernden Verbesserungen des Antriebsstrangs ab und beim Autobahnrollen mit 120 km/h verabschiedet sich der Verbrenner immer wieder von der Veranstaltung. Aber auch auf kurvigen Landstraßen schlägt sich der Renault gut und nervt den Fahrer nicht mit einer CVT- Gummibandcharakteristik inklusive aufheulendem Motor.

Die Spreizung der Fahrprogramme Eco, Comfort, Sport und Personal (individuell) ist nicht besonders ausgeprägt. Wobei bei Sport der Antriebsstrang fast schon übereifrig auf die Bewegungen des Gaspedals reagiert. Wir haben uns die meiste Zeit mit dem Comfort-Modus begnügt und sind im wahrsten Sinne des Wortes gut damit gefahren. Allerdings stellen wir bei geringen Geschwindigkeiten eine Antrittsschwäche fest, eher es ab 70 km/h vorangeht. Den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h absolviert der Espace in 8,8 Sekunden und bei 174 km/h wirft die Elektronik den Anker. Renault gibt einen Durchschnittsverbrauch von 4,9 l/100 km an. Wir kamen bei der Testfahrt, die uns durch Städte, über Autobahnen und auf Landstraßen mit Beschleunigungsetappen führte, auf 7,4 l/100 km. Die 4Control Advanced Hinterachslenkung schlägt die Räder bis zu fünf Grad ein, was den Wendekreis um 1,2 Meter auf 10,4 Meter verringert und beim Rangieren und in Kurven die Agilität verbessert. Allerdings kann das auf Komfort getrimmte Fahrwerk nicht ganz mithalten, da es unharmonisch agiert, die Karosserie nachwippt oder Querfugen an die Passagiere weitergereicht werden.

Bei den 32 Assistenzsystemen ist der Espace auf Höhe der Zeit. Neben solchen Standardfunktionen wie einem Toten Winkelassistenten, einer 360-Grad-Kamera und einem adaptiven Tempomaten hält der Espace einen Notbremsassistenten bei hinterem Querverkehr parat. Der Notfall-Spurhalte-Assistent greift mit Lenkradimpulsen ein, wenn die Frontkamera beim Überholen eine drohende Kollision meldet oder das Auto abzufliegen droht. Die Stärke des Großraum-Crossovers sind lange Autobahnetappen. Damit die Rasselbande hinten Ruhe gibt, hat sich Renault sogar ein witziges Musikquiz einfallen lassen. Der Innenraum mit dem senkrecht stehenden 12 Zoll Touchscreen und dem 12,3 Zoll großen digitalen Kombiinstrument samt optionalem Head-up-Display ist übersichtlich und die Bedienung des Android- beziehungsweise Google-basierten Infotainments stellt keine große Herausforderung dar. Die Verarbeitung ist solide und das große Panorama- Glasdach hilft bei der angenehmen Atmosphäre genauso wie die Lederausstattung. Unterm Strich bietet der neue Espace in der Top-Ausstattung Iconic viel Auto für 48.300 Euro, aber auch bei der Basisversion Techno für 43.500 Euro ist keineswegs Schmalhans Küchenmeister. Ab September steht der Espace beim Händler.

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