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Euro 7 in Bus und Lkw: Was der Entwurf bisher offenbart

euro 7 in bus und lkw: was der entwurf bisher offenbart

In der vergangenen Woche hat die EU-Kommission ihre Vorschläge für die Euro-7-Emissionsnorm vorgestellt, die erstmals die Euro-6-Norm für Pkw und die Euro VI für Nutzfahrzeuge zu einem Emissions-Regelwerk für alle vereinen soll. Doch gerade bei den Lastwagen und Bussen sind die Tabellen an einigen Stellen noch erstaunlich leer.

Ja, noch ist es nur ein Vorschlag der Kommission. EU-Ministerrat und Europaparlament müssen noch zustimmen bzw. im Trilog mit der Kommission verhandeln. Verbindlich ist die Veröffentlichung also noch nicht. Geht es nach der Kommission von Ursula von der Leyen, soll das Euro-7-Regelwerk ab 1. Juli 2025 für die Fahrzeugklassen M1 und N1 gelten – also Pkw und leichte Transporter bis 3,5 Tonnen. Für die Klassen M2, M3, N2 und N3 – also Busse und Lkw über 3,5 Tonnen – sollen die Vorgaben ab dem 1. Juli 2027 verbindlich sein.

In einigen Punkten – gerade bei der Abgas-Regulierung von Verbrennungsmotoren – sind die Vorschläge schon konkret. Die Tabelle 2 im Anhang des Vorschlags, welche die einzelnen Bestandteile der Abgase umfasst, ist bereits fein säuberlich ausgefüllt. Wie viele Milligramm NOx, wie viele Distickstoffoxid (N2O) und wie viele Partikel in welcher Größe ein Bus oder Lkw im kalten und warmen Zustand pro gefahrenem Kilometer ausstoßen darf, wird wohl künftig reguliert – die Unterscheidung zwischen warm und kalt ist neu. Und zum Beispiel auch die NOx-Emission im Stand: Pro Stunde sind dann 5.000 Milligramm – oder eben fünf Gramm – zulässig.

Diese Werte müssen schwere Lkw für 700.000 Kilometer oder 15 Jahre einhalten – je nachdem, was zu erst eintritt. Eine „additional lifetime“ wird mit 875.000 Kilometern angegeben. Welche (vermutlich leicht abgemilderten) Grenzwerte dann gelten, ist offen. Klar ist aber: Von den strengeren Lebensdauer-Vorgaben aus Kalifornien (umgerechnet 1,3 Millionen Kilometer) ist der Vorschlag weiter ein gutes Stück entfernt.

Grundsätzlich gilt die Euro 7 für alle Fahrzeuge – egal ob Diesel, Benziner, Hybrid oder rein elektrisch angetrieben. Bei den Themen, die für die Pkw zusätzlich eingeführt wurden, sind die Tabellen für die schwereren Fahrzeuge aber noch leer. Pkw und LCV sollen künftig pro Kilometer sieben Milligramm Feinstaub-Emissionen der Bremsen abgeben dürfen, ab 2035 sollen es noch drei Milligramm sein. Die Tabelle 4 im Anhang führt zwar auch Fahrzeuge der Klassen M2, M3, N2 und N3 auf. Die entsprechenden Einträge zu den „brake particle emissions“ sind hier aber leer. Selbiges gilt für den erlaubten Masseverlust bei den Reifen, hier nicht in Milligramm pro Kilometer, sondern in Gramm pro 1.000 Kilometer angegeben.

Kann die Branche die Euro-7-Vorgaben erfüllen – und zu welchen Kosten?

Neu sind bei den M1- und N1-Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb auch Vorgaben zur Batteriehaltbarkeit. Nach fünf Jahren oder 100.000 Kilometern muss der Energiegehalt noch bei 80 Prozent des Neuwerts liegen, nach acht Jahren oder 160.000 Kilometern sind es 70 Prozent. Auch hier gibt es keine Vorgaben für schwerere Fahrzeuge. Die Tabelle ist leer. Ob diese und die anderen Tabellen im Laufe der Trilog-Verhandlungen noch gefüllt werden oder leer bleiben? Darauf gibt es derzeit keine Antwort. Und damit geht die Unklarheit für die Hersteller weiter.

In der Summe sollen die Vorgaben der Euro 7 bei Lkw und Bussen die NOx-Emissionen am Auspuff um 56 Prozent senken. Beim Feinstaub (aus dem Auspuff, nicht von Bremsen oder Reifen) sollen es 39 Prozent weniger sein.

Daraus ergeben sich zwei wichtige Fragen, die derzeit nur die Industrie beantworten kann. Können die Lkw-Bauer diese Vorgaben mit überschaubaren Investitionen in ihre Euro-VI-Motoren erfüllen? Falls nicht: Investiert man die verfügbaren Entwicklungsbudgets dann lieber in neue Euro-7-Motoren oder direkt in die Elektromobilität?

Nimmt man die IAA Transportation aus dem September als Indikator, scheint es in Richtung Elektrifizierung auszuschlagen – die Stände waren voll mit Batterie- und Brennstoffzellen-Lkw. Nur: Die meisten Exponate waren Prototypen und Studien, kurz vor Produktionsbeginn waren nur die wenigsten Fahrzeuge.

Der große Haken der schnellen Elektrifizierung: Ein passendes Lkw-Schnellladenetz ist immer noch in der Diskussion, aber noch nicht nahe der Umsetzung. Das wäre aber eine wichtige Voraussetzung, damit Spediteure und Transportunternehmen tatsächlich umsteigen.

In einer ersten Reaktion wehrt sich die Branche gegen die Kommissionspläne. Der europäische Branchenverband ACEA meint, der Vorschlag sei für Lkw besonders hart, denn er vernachlässige den sich rasch beschleunigenden Übergang zu emissionsfreien Fahrzeugen und ignoriere auch die Auswirkungen der geplanten, künftigen CO₂-Grenzwerte für schwere Nutzfahrzeuge.

Investiert man in Euro-7-Diesel oder in den Elektro-Lkw?

Neben dem Verband hat sich auch ein Hersteller geäußert – und zwar einer, der seit September schwere E-Lkw in Serie baut. „Um Euro 7 zu erfüllen, müssen die Lkw-Hersteller erhebliche technische und finanzielle Ressourcen von Batterie- und Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen zurück zum Verbrennungsmotor verlagern“, sagt Martin Lundstedt, CEO der Volvo Group. „Dies wird unseren Übergang zu emissionsfreien Fahrzeugen stark beeinträchtigen. Das ist nicht gut für das Klima, nicht gut für die Gesundheit der Menschen und nicht gut für die Industrie.“

Die EU-Kommission sieht das erwartungsgemäß anders: Sie rechnet vor, dass ein Verbrenner-Lkw der Euro 7 mit den notwendigen Technologien um rund 2.700 Euro teurer werden würde als ein Euro-VI-Modell. Der Nutzen für Umwelt und menschliche Gesundheit übersteige die Kosten der Regulierung aber um ein Vielfaches.
europa.eu (Dokumente weiter unten zum Download), acea.auto, transportenvironment.org

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