BYD

Erste Testfahrt im BYD Atto 3 und im BYD Tang

In Deutschland eröffnen die ersten BYD-Stores. Die chinesische Automarke spielt bislang in Deutschland noch kaum eine Rolle, weltweit hat 2022 aber kein anderer Hersteller in Summe so viele Elektroautos und Plug-in-Hybride verkauft wie „Build Your Dreams“. Wie traumhaft sind die Fahrzeuge? Wir konnten in Köln bei BYD Senger einen ersten Blick auf Atto 3, Tang und Han werfen – und mit den beiden erstgenannten auch eine mehrstündige Probefahrt unternehmen. So viel vorweg: Der erste Eindruck ist vorwiegend positiv.

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BYD Atto 3 – Foto: Daniel Krenzer

Das Außendesign

Der Atto 3 hat typische Abmessungen eines Kompakt-SUV. Mit 4,46 Metern Länge und 2,05 Metern Breite inklusive Außenspiegel lässt er sich auch in der Stadt gut navigieren. Mit durchgezogenen Lichtleisten und hübschen Rundungen wirkt er gefällig, ein wenig keck und jugendlich, im Großen und Ganzen aber nicht sonderlich extravagant. Das Heck erinnert ein wenig an das des VW ID.4.

Der Tang ist mit 4,87 Metern Länge und 2,18 Metern Breite samt Spiegeln deutlich raumeinnehmender. Auch hier sorgen das Lichtdesign und sanfte Rundungen für angenehme Akzente, können aber nicht verbergen, dass der Tang nun einmal ein großes, sperriges SUV ist. Wenn man optisch nach Ähnlichkeiten sucht, kommt man am ehesten auf den Aiways U5, der aber etwas kleiner ist.

Der Han ist eine sehr formschöne Limousine mit sanft abfallendem Heck. Der knapp unter fünf Meter lange Augenschmaus war beim Besuch in Köln aber nur im Showroom zu bewundern.

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Das Innendesign

Im Atto 3 gibt es an den Türen gibt eine Gitarren-Optik, mit der Lautsprecher und Halterungen für die Türablage verbunden sind. Dazu passend schaut die Lüftung in der Mittelkonsole wie ein Ghettoblaster aus – sehr cool und rockig! Witzig ist zudem der Türöffner, dessen Griff sich oberhalb der seitlichen Lautsprecher befindet. Die hellgrau-taubenblauen Sitze mit roten Zierelementen schauen ebenfalls richtig gut aus. Die verwendeten Materialien wirken wertig, auch in der zweiten Reihe sitzen zumindest mittelgroße Menschen komfortabel. Das Mitteldisplay hat Tablet-Form und lässt sich wahlweise vertikal oder horizontal einstellen.

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Im Tang herrscht da eine klassischere Atmosphäre – mit noch mehr Raum und noch hochwertigeren Materialien. Braunes Leder, Klavierlack und stoffüberzogene Armaturen sorgen für ein stimmiges Gesamtbild, das aber eine ganz andere, gediegenere Zielgruppe als der rockig daherkommende Atto 3 ansprechen dürfte. Unter anderem ein Schaltknauf in Echsenoptik sorgt aber auch hier individuelle Akzente. Auch hier ist das verstellbare Tablet zu finden. Das Raumangebot ist auch in Reihe zwei sehr komfortabel, eng geht es lediglich in der dritten Sitzreihe mit Plätzen sechs und sieben zu. Sind diese umgeklappt, ist im Kofferraum üppig viel Platz (578 Liter), der sich durch Umlegen der Reihe zwei noch erweitern lässt auf 1655 Liter.

In Han sieht es ganz ähnlich aus. Schick sind die Lichteffekte, die sich über das Armaturenbrett ziehen. Hier gibt es nur zwei sehr geräumige Sitzreihen – und einen der Limousinenform geschuldeten eher kleinen Kofferraum mit immerhin aber noch 410 Litern Fassungsvermögen.

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Die Fahreigenschaften

Der Atto 3 fährt sich tadellos und unaufgeregt. 150 kW Leistung reichen absolut aus, um auch auf der Autobahn zügig mitzuschwimmen, – zumindest bis zu den abgeregelten 160 Stundenkilometern. Den Sprint von 0 auf 100 bewältigt das kompakte SUV in 7,3 Sekunden. Es gibt drei Fahrmodi (Eco, Normal und Sport), die Unterschiede sind aber nicht allzu groß. Auch im vom Tester bevorzugten Eco-Modus lässt sich der Atto 3 agil bewegen.

Der Tang sieht zwar schwerfälliger aus, ist es aber aufgrund von 380 kW aber bei Weitem nicht. In weniger als fünf Sekunden lässt sich das Großraum-SUV auf 100 Stundenkilometer katapultieren. Dabei greifen bis zu 680 Newtonmeter an Drehmoment. Trotz der Sportlichkeit fährt es sich im Tang durchaus gediegen. Die Federung ist überdurchschnittlich weich, ein Sofa-Gefühl wie beispielsweise im Aiways U5 stellt sich dabei aber nicht ein. In der Spitze sind 180 Stundenkilometer möglich. Im Stadtverkehr ist es mit solch großen Fahrzeugen nie sonderlich schön, dank der guten Kameras und Sensoren lässt sich der Tang aber mühelos und vor allem schrammenfrei navigieren. Rekuperationsstufen gibt es in den getesteten BYD zwei (normal, stärker). Ein One-Pedel-Driving ist nicht vorgesehen.

Die Assistenzsysteme

Die fleißigen Helferlein in beiden Testfahrzeugen funktionierten im Test einwandfrei. Der Abstandstempomat arbeitet harmonisch und ist intuitiv bedienbar. Die Hinweise und Warntöne halten sich in einem akzeptablen Rahmen und sind weniger übergriffig, als es uns bereits in anderen asiatischen Modellen begegnet ist. Im Atto 3 ertönte nur zweimal laut ein englischsprachiger Hinweis, dass wir zu schnell unterwegs seien – muss ein Missverständnis gewesen sein. Eine Ladeplanung ist im Navi hinterlegt. Ein Head-up-Display gab es nicht.

Die Batterien

Im Atto 3 ist ein 60,5 kWh fassender Akku verbaut. Die maximale Ladeleistung DC soll 88 kW betragen, was laut Händler auch erreicht wird. Ein Besitzer des Atto 3 gab mir den Hinweis, dass die Ladeleistung aber recht schnell abfallen soll. Bei 70 bis 80 Prozent Akkuladestand sollen es demnach nur noch 30 kW Ladeleistung sein. AC sind 11 kW drin.

Tang und Han sind mit einem größeren, etwa 86 kWh fassenden Akku ausgestattet. Hier beträgt die maximale Ladeleistung 120 kW, die vom Händler ebenfalls an der Schnellladesäule mit beiden Modellen reproduziert worden sei. Unsere Testfahrt war leider nicht ausgiebig genug, um ein alltagsnahes Schnellladen mit fast leerem Akku selbst auszuprobieren.

Damit ist die Ladeleistung der BYD-Modelle vergleichsweise gering. Die besondere Bauart der Zellen soll die sogenannten Blade-Batterien dafür aber besonders brandsicher und langlebig machen.

Der Verbrauch

Der Atto 3 soll laut WLTP 15,6 kWh kombiniert verbrauchen. Bei etwa acht Grad im eher zähen Verkehr in und um Köln – allerdings inklusive flotteren Autobahnabschnitten – zeigte der Bordcomputer auf der Testfahrt am Ende mit 18,5 kWh einen guten Durchschnittsverbrauchswert an. Damit wäre eine rechnerische Reichweite von 330 Kilometern realistisch.

Der Tang ist mehr als 700 Kilo schwerer und hat deutlich mehr Leistung. Das schlägt sich freilich auch im Verbrauch nieder. 21,6 bis 23,8 kWh sind es laut WLTP. Auf der Kölner Testrunde, wobei der Tang auf der A1 auch mal einige Autobahnkilometer ausgefahren wurde, standen am Ende laut Bordcomputer 25,3 kWh zu Buche – ein vergleichsweise normaler Wert für ein solch großes Fahrzeug. Rechnerisch liegt die Reichweite da bei 340 Kilometern. Der Han soll trotz vergleichbarer Leistungsdaten mit 18,5 kWh aufgrund seiner windschnittigen Form deutlich weniger verbrauchen. Laut Hersteller beträgt die Reichweite damit bis zu 520 Kilometern kombiniert.

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Die Zielgruppen

Mit seinen frechen, rockigen Elementen dürfte der Atto 3 jüngere Zielgruppen gleichwohl wie Junggebliebene ansprechen. Das bestätigte auch Store-Manager Niklas Rausch im Gespräch, das Spektrum der Interessenten sei breit gestreut. Der Tang hingegen dürfte zum einen aufgrund seines Platzangebotes bei Familien Anklang finden, ansonsten ist er eher etwas für Freunde von Geräumigkeit und Komfort, ohne dabei zu sehr aufzufallen. Der Han hingegen ist ein klassischer Dienstwagen für das gehobenere Personal oder den Selbstständigen, der auf elegante Art auf sich aufmerksam machen möchte. Und von den drei Modellen ist die Limousine am besten geeignet für regelmäßige weitere Strecken.

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Das Preis-Leistungs-Verhältnis

Der Atto 3 ist mit einem Einstiegspreis von 44.600 Euro eine positive Überraschung. Für einen fairen Preis gibt es ein gelungenes und alltagstaugliches Fahrzeug, solange man nicht ständig sehr weite Reisen unternehmen möchte. Mit 71.400 Euro sowie 70.800 Euro sind Tang und Han da ein ganzes Stück teurer, bieten aber auch deutlich mehr Raum und Komfort. Im Vergleich müssen sie sich aber keinesfalls verstecken, auch wenn sie natürlich kein Schnäppchen sind. Eine etwas höhere Ladeleistung bei bleibend zuverlässigen Batterien wäre vor allem auf dem auf Reichweite und Ladeleistung fixierten deutschen Markt perspektivisch aber wünschenswert. Die Nutzung der 800-Volt-Technik ist aber offenbar in Planung.

Disclaimer: Die Testfahrzeuge wurden von BYD Senger in Köln für mehrere Stunden kostenfrei zur Verfügung gestellt.

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