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Elektroauto-Wissen: Lucid-Chef Rawlinson erklärt Batterie des Air

Hier kann man was lernen, selbst wenn man sich nicht für den Air interessiert ...

Lucid-Chef Peter Rawlinson ist als ehemaliger Chefentwickler des Tesla Model S nicht nur ein Urgestein der Elektroauto-Entwicklung, er ist auch mehr als nur ein bisschen kompetent, wenn es um die Batterietechnik geht. Dass er auch ein Talent in Sachen Wissensvermittlung hat, zeigt sein 36-minütiges Video zur Batterie des Lucid Air.

Das Video ist in Englisch, aber Rawlinson spricht so langsam und erklärt so gut, dass wir das Video jedem empfehlen, der sich für den Aufbau einer Elektroauto-Batterie interessiert. Den Anfang (bis etwa 5:30) können alle überspringen, die sich ein wenig mit Physik auskennen: Es geht um den Unterschied zwischen Leistung (power) und Energie (energy), gemessen in kW bzw. kWh.

Wie die Zellen zur Batterie zusammengeschaltet werden

Doch dann wird’s interessant: Rawlinson erklärt, wie man von einer einzelnen 2170-Zelle mit einer Spannung von 4,2 Volt auf die 924 Volt des Lucid Air Gand Touring kommt. Und von den knapp 18 Wattstunden (Wh), die eine Zelle speichert, auf die 112 kWh des Grand Touring.

elektroauto-wissen: lucid-chef rawlinson erklärt batterie des air Ein Batteriemodul des Lucid Air mit 300 zylindrischen 2170-Zellen

Die Zellen werden in 22 Module zu je 300 Zellen aufgeteilt. Jedes Modul hat eine Spannung von 42 Volt, und 22 mal 42 Volt ergeben die 924 Volt der gesamten Batterie. Auf Zellebene muss man 220 4,2-Volt-Zellen in Serie schalten, um die 924 Volt zu erreichen. 220 Zellen speichern aber nur etwa 220*18=396 Wh und nicht die 112 kWh, die wir brauchen. Um die Energie zu erhöhen, braucht man die Parallelschaltung.

Parallelschaltung erhöht die Energie in kWh, Reihenschaltung die Spannung in Volt

Jedes Modul hat 300 Zellen. Diese werden teils in Reihe und teils parallel geschaltet. Jeweils 30 Zellen davon werden zu 10 Gruppen zusammengefasst. Jede Gruppe erhöht die Spannung um 4,2 Volt. So erhält man die 42 Volt eines Moduls. Insgesamt sind 30 Zellen parallel und 10 in Serie geschaltet. Die 22 Module werden wiederum in Reihe geschaltet, das ergibt 220 Zellen in Serie. Als Ingenieur beschreibt man ein solches Batteriepaket kurz mit 220s 30p.

Die Modulaufteilung im Auto (mit Fußgaragen)

Rawlinson erklärt zwischendrin (ab etwa 8:30) auch, wie die Module im Auto untergebracht werden. Er entschied sich für einen Mitteltunnel vorne und einen komplett ebenen Boden hinten. Vorne nutzt er den Platz für ein zusätzliches Modul in Fahrtrichtung, hinten gibt es nur eine Modulverdoppelung unter der Rückbank. Dort liegt ein Modul quer zur Fahrrichtung auf der übrigen Batterieplatte.

elektroauto-wissen: lucid-chef rawlinson erklärt batterie des air

Bei der kleineren Batterie der Basisversion Pure werden sogar Fußgaragen eingerichtet – wie beim Porsche Taycan. Hier hat man daher mehr Platz für die Füße, weil dort vier Module weggelassen werden. Auch mit 18 Modulen kommt der Lucid Air Pure noch auf eine EPA-Reichweite von über 400 Meilen.

“There’s no substitute for voltage in terms of efficiency.” (Rawlinson)

Warum Lucid mit 924 Volt arbeitet

Sehr interessant ist auch die Erklärung, warum Lucid mit 924 Volt arbeitet (ab 16:00). Aus der Formel für die Leistung P=U*I ergibt sich durch Einsetzen von I*R für die Spannung U die Beziehung P=I2*R. Die Stromstärke I bedingt die Wärmeverluste. Nun zurück zu der Gleichung P=U*I. Wenn man eine bestimmte Leistung P haben will und man verdoppelt die Spannung U, dann kann man die Stromstärke halbieren und damit die Wärmeverluste vierteln.

Warum hohe Spannung nicht schnelles Laden bedeutet

Den Mythos, dass man mit mehr Spannung schneller laden könnte, entkräftet Rawlinson mit der einfachen Tatsache, dass man eine einzelne Zelle nur mit 4,2 Volt laden kann. Egal ob das Batteriesystem mit 400 oder 800 Volt arbeitet. Die einzelne Zelle spürt die Vorteile nicht, aber das Gesamtsystem. Wegen der geringen Stromstärke kann man zum Beispiel Aluminium-Kontakte für die Zellen wählen – Alu ist ein viel schlechterer Leiter als Kupfer, aber für die geringen Stromstärken reicht es offenbar.

End cooling versus side cooling

Interessantes zu sagen hat Rawlinson auch zum Thema Kühlung. Zylindrische Zellen kann man an Kopf und Fuß kühlen (Kühlung über eine Platte, end cooling) oder von der Seite her mit einer schlangenförmigen Kühlmatte (side cooling). Eine Zelle leitet die Wärme axial besser als radial, das spricht für das end cooling. Ein Nachteil ist, dass die Wärme so weiter wandern muss. Beim side cooling verschwendet man in der Breite Platz durch die Kühlmatte, beim end cooling in der Höhe.

elektroauto-wissen: lucid-chef rawlinson erklärt batterie des air Rawlinson erklärt das Side Cooling

Dass sich Lucid fürs end cooling entschieden hat, liegt aber an etwas anderem: Der flächige Kontakt zwischen Zelle und Kühlkanal ist bei der industriellen Herstellung der Module leichter zu garantieren.

Übrigens, das Video ist nur der erste Teil einer ganzen Reihe, die Lucid auf seiner Youtube-Seite veröffentlichen will. Wir werden die Augen nach Fortsetzungen offen halten.

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