Finanzen

Smart

Wirtschaft

Wirtschafts-nachrichten

Der „modernste Einkaufswagen der Welt“? Ich habe Edekas smarten Easy Shopper getestet – und wurde enttäuscht

der „modernste einkaufswagen der welt“? ich habe edekas smarten easy shopper getestet – und wurde enttäuscht

In 134 Filialen gibt es den smarten Einkaufswagen von Edeka.

In 134 Filialen gibt es den smarten Einkaufswagen von Edeka.

Die Ware nicht mehr auf das Band legen müssen und an einer eigenen Kasse die lange Schlange zum Feierabend umgehen: Mit diesen Versprechen hatte die Edeka-Regionalgesellschaft Minden-Hannover schon früh an ihrem smarten Einkaufswagen, dem Easy Shopper, getüftelt. Mittlerweile kommt er in immer mehr Märkten zum Einsatz – und wurde im vergangenen Jahr noch einmal überarbeitet.

Das Prinzip ist aber gleich geblieben: An dem smarten Einkaufswagen könnt ihr eure Ware selbst scannen und direkt in Einkaufstaschen legen. Zahlen müsst ihr dann an einer gesonderten Kasse, zu der die Daten automatisch übertragen werden. Alternativ könnt ihr auch eine Kreditkarte oder Bankkonto in der App hinterlegen und ganz ohne Kasse bezahlen.

Ähnlich hat es Amazon in seinen Supermarkt-Filialen mit dem sogenannten Dash Cart gemacht. Edeka Minden-Hannover behauptet trotzdem, der Easy Shopper, erdacht von der Partnerfirma Pentland Firth mit Sitz in München, sei der „modernste Einkaufswagen der Welt“.

Das Einzugsgebiet der Regionalgesellschaft erfasst hauptsächlich die Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Berlin. Allerdings ist das Angebot nur in ausgewählten Märkten verfügbar, die sich über eine Karte des Händlers einsehen lassen. Rund 134 sind es aktuell – von 1500 Filialen der Regionalgesellschaft. Bis Jahresende sollen noch weitere dazukommen.

Einkaufliste und Rabatte von der App auf den Bildschirm

Einer davon ist das Edeka Center No. 1 in Berlin Steglitz, ein Flagschiff-Supermarkt mit großem Gastro-Angebot. Dort angekommen, merke ich, dass ich erst einige Voraussetzungen erfüllen muss. Ich brauche eine App oder die Deutschland-Karte. Zuerst lade ich fälschlicherweise die Edeka-App herunter und erstelle ein Konto. Erst dann verstehe ich, dass ich eigentlich die separate Easy Shopper-App brauche. Dann geht aber alles recht schnell: Ich kann mir in der App ohne Anmeldung einen QR-Code anzeigen lassen und den am knallgrünen Einkaufswagen scannen – dieselbe Farbe übrigens wie Amazons Dash Cart.

Im Griff des Einkaufswagens ist ein Touch-Bildschirm eingebaut. Was ich praktisch finde: Ich kann mir schon vorher in der App eine Einkaufsliste zusammenstellen, die dann auf dem Display angezeigt wird –und die ich während des Einkaufs auf dem Display erweitern kann. Einkaufszettel oder Handy könnte ich also während des Einkaufs stecken lassen. Außerdem werden mir für alle gescannten Artikel direkt verfügbare Rabatt-Codes angezeigt.

der „modernste einkaufswagen der welt“? ich habe edekas smarten easy shopper getestet – und wurde enttäuscht

Hat man einen Artikel gescannt, schlägt das System weitere Artikel für die Einkaufsliste vor. Die Vorschläge sind bisher aber eher mehr vom gleichen als passende Ergänzung.

Hat man einen Artikel gescannt, schlägt das System weitere Artikel für die Einkaufsliste vor. Die Vorschläge sind bisher aber eher mehr vom gleichen als passende Ergänzung.

Barcodes Scannen wie an der SB-Kasse

Was sich aber schnell als nervig entpuppt: die Position des Barcode-Scanners. In einer ersten Version des Easy Shoppers war der an einem Antennenarm über dem Wagen positioniert. Ehrlicherweise erinnerte das Aussehen dort an die sogenannten „Galgen“ über Krankenhausbetten. Vorteil allerdings: Der Scanner war damit über dem Wagen selbst angesiedelt.

Bei der neuen Version ist er unterhalb des Griffs positioniert und scannt beim Schieben gewissermaßen meine Hüfte. Ich kann Artikel also nicht einfach in den Korb legen, sondern muss immer erst zurücktreten und den Barcode unter dem Griff bewegen, bis der Scanner ihn erkennt. Das dauert oft ein bisschen, manchmal wird dann direkt doppelt gescannt. Die Produktzahl kann ich immerhin auf dem Bildschirm korrigieren – was auch praktisch ist, wenn man direkt mehrere Dosentomaten in den Wagen legen will.

der „modernste einkaufswagen der welt“? ich habe edekas smarten easy shopper getestet – und wurde enttäuscht

Gescannt wird rechts unten am Bildschirm. Praktisch für Getränkekisten, aber für andere Produkte umständlich.

Gescannt wird rechts unten am Bildschirm. Praktisch für Getränkekisten, aber für andere Produkte umständlich.

Allerdings fühlt es sich wirklich an, wie eine rollende SB-Kasse. Verglichen mit komplett kassenlosen Geschäften, ist der Einkauf weit weniger flüssig. Und während Edeka Minden den Easy Shopper als den „modernsten Einkaufswagen der Welt“ bezeichnet, erkennt Amazons Dash Cart die Einkäufe über eine Mischung aus Barcode-Scannen und Computer-Vision automatisch beim Hineinlegen der Waren. Obst und Gemüse wiegt er laut dem Online-Riesen außerdem im Wagen per Gewichtssensor. Beim Easy Shopper kann ich mir den Gedanken nicht verkneifen, dass eine Smartphone-Halterung am regulären Einkaufswagen und die Scan & Go-App mit Einkaufsliste es auch getan hätten.

Kurze Verwirrung an der Easy Shopper-Kasse

Zuletzt also zur Kasse: Das Edeka-Center No. 1 ist mit so vielen Band- und SB-Kassen bestückt, dass ich auch ohne Easy Shopper keine Wartezeit gehabt hätte. Trotzdem rolle ich auf die grün markierte Sonderkasse zu, wähle währenddessen auf dem Bildschirm die „Zahlen“-Taste aus – und stelle dann fest, dass die Kasse gar nicht besetzt ist. Das Leuchtschild ist rot, wie alle anderen geschlossenen Kassen. Ich stehe verwirrt da, frage mich kurz, ob ich den Barcode, der mir nun auf dem Display des Wagens angezeigt wird, an den SB-Kassen scannen soll. Geht aber nicht, weil kein Handscanner vorhanden ist.

Ich schaue, ob ich über den Hilfeknopf des Einkaufswagens etwas erfahre oder vielleicht doch nur per Kreditkarte zahlen kann. Ich schaue mich nach Mitarbeitern um – und erst dann kommt jemand angelaufen, und stellt sich an die immer noch als „geschlossen“ gekennzeichnete Easy Shopper-Kasse.

Danach gibt es keine Probleme mehr, alles wird automatisch übertragen, den Barcode auf dem Tablett-Display muss sie gar nicht scannen. Ich merke aber auch: Eigentlich ergibt das System für mich nur Sinn, wenn man die Zahlung per Lastschrift oder Kreditkarte nutzt.

Außerdem: Niemand prüft, welche Gegenstände ich vor dem Einlegen in den Wagen wirklich gescannt habe. Hätte ich alles direkt in Tüten gelegt, wäre das für das Kassenpersonal noch weniger erkennbar. Das ist natürlich ein allgemeines SB-Kassen-Problem. Von Edeka heißt es dazu, dass man seinen Kunden das nötige Vertrauen entgegenbringt und auf ihre Ehrlichkeit setzt. Es gebe darüber hinaus „diverse technische und organisatorische Mechanismen“ zur Diebstahlsicherung. Amazons Dash Cart mit seiner Kameratechnik am Rand scheint mir aber auch hier die Nase vorn zu haben.

Am Ende denke ich, dass der Wagen durchaus die bessere SB-Kasse für den Wocheneinkauf ist. In seiner jetzigen Form ist mir das System aber zu hakelig. Vom „modernsten Einkaufswagen“ hätte ich dann doch mehr erwartet.

TOP STORIES

Top List in the World