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Der dröhnende Abschluss - Audi R8 GT

Zum Ende des Zehnzylinders im R8 haut Audi Sport nochmal einen raus: 620 PS, Hinterradantrieb und ein Name, der Großes erwarten lässt. Ohne zu viel zu verraten: Die Tränen des Abschieds fließen heute waagrecht zum Ohr hin ab!

der dröhnende abschluss - audi r8 gt

Zum Ende des Zehnzylinders im R8 haut Audi Sport nochmal einen raus.

Um die viele Vorfreude auf den neuen R8 GT zu erklären, spulen wir uns gedanklich zunächst zwölf Jahre zurück. 2010 hat Audi die zwei Buchstaben nämlich schon einmal ans Revers des Mittelmotorsportwagens geheftet. Und womit? Mit Recht, wie die Sportwagengemeinde einst unisono befand. Das 560 PS starke Sondermodell war der Inbegriff ausgereizten Potenzials, auf der Strecke schneller als der entsprechende 911 GT3 und damit der mit Abstand sportlichste Audi bis…, ja, wohl bis heute.

Nicht mal der Modellwechsel vermochte an dieser Erkenntnis zu rütteln. Der folgende R8, der 2015 an den Start ging, hatte in den Topversionen zwar mehr bis deutlich mehr Zunder, geriet aber – ich drück’s mal vorsichtig aus – etwas schusseliger im Umgang damit.

Die Gründe? Liegen in der Konzern-Familie, genauer gesagt in Sant‘Agata Bolognese. Wie Sie wissen, baut Lamborghini dort den technisch eng verwandten Huracán, der als fahrdynamische Speerspitze des V10-Duos gesetzt ist. Heißt: Der Audi steckt in der Rolle der Allround-Alternative fest, was in Kombination mit dem heroisch anschiebenden 5,2-Liter-Saugmotor auf bizarre Art zwar überaus reizvoll ist, aber eben nicht die ideale Ausgangsposition fürs Zeitenjagen.

Um den R8-Charakter trotz der modellpolitischen Einschränkung in Form zu halten, hat Audi Sport im Zuge der Modellevolution bereits einen Großteil jener Features eingeführt, die den früheren R8 GT so außergewöhnlich machten. Die Rede ist konkret vom Gewindefahrwerk und den Sportreifen. Beides gehört auch beim neuen GT wieder zum Repertoire, ist beziehungsweise war aber ebenfalls für einen Teil der regulären Modelle zu bekommen. Bedeutet: Das Delta zu den Standardversionen fällt kleiner aus als damals. Als Abgrenzung alias Rechtfertigung für die 225 000 Euro Grundpreis bleibt unterm Strich sogar nur ein wesentlicher Faktor stehen – nur in Gänsefüßchen.

Darf ich vorstellen: Der neue Torque-Rear-Modus, der uns gleich noch intensiv beschäftigen wird, zunächst aber darauf hindeutet, dass der GT in der Summe seiner Eigenschaften eben doch einen Unterschied macht. Einen ganz gewaltigen sogar. “Torque” und “Rear” lauten die Signalwörter: Im Gegensatz zu seinem Namensvetter von anno dazumal ist der Neue nämlich kein Quattro mehr, nein, er fußt auf dem hinterradgetriebenen RWD, womit die 620 PS, die er sich mit der allradgetriebenen Topversion teilt, auf einmal eine ganz andere Tragweite bekommen. Und eben: einen anderen Dreh.

Eher Hommage als Fortsetzung

Der entscheidende Hinweis kommt per Powerpoint-Folie während der Pressekonferenz: Der neue R8 GT sei “a tribute” seines Vorläufers, also eher Hommage als Fortsetzung. Zumal Audi gleich nachschiebt, dass der Quattro nach wie vor das Maß der Dinge bleibe, wenn es um Performance als solche geht. Erster Gedanke dazu: Wieso dann der Name? Schon mal was von Nomen est Omen gehört, liebe Audianer?

Immerhin. Der Auftritt ist so stilsicher wie überzeugend: Schwanenhalsflügel, Splitter, Sideblades hinten, Flics an den Wangen – alles aus Kohlefaser, na klar. Der Lenkradkranz ist in Alcantara gehüllt, auf der Mittelkonsole steht geschrieben, in welchem der insgesamt 333 Exemplare (genau wie damals) man gerade sitzt. Wir danken an dieser Stelle dem künftigen Besitzer von Nummer 62 und dürfen versichern, dass er das gute Stück vernünftig eingefahren überreicht bekommt. Zwinkersmiley.

Mit dem Druck auf den Startknopf ist der Knick in den Rückbezügen dann zumindest emotional ausgebügelt: Denn irgendwie kommt der V10 hier noch prägnanter raus, klingt zorniger beim Hochdrehen und entwickelt noch mehr Nachdruck. Zwar liegt der Drehmomentgipfel nur fünf Nm oberhalb des 570 PS starken RWD Performance, dank leichter Schmiederäder und der serienmäßigen Keramikbremsanlage wiegt der GT jedoch 20 Kilo weniger. Zudem wurde die Übersetzung der Gänge drei bis sieben gerafft, was zusammen mit verkürzten Schaltzeiten wie ein Peitschenhieb auf die Leistungsentfaltung wirkt. Die 100-km/h-Marke fällt drei Zehntel früher, 200 stehen nach 10,1 Sekunden, die Unteramhärchen in Nullkommanix.

Zwei Runden gibt‘s zum Einüben des Circuito Monteblanco, dann schert das Safety-Car aus und man darf selbst kreativ werden. Und die Betonung liegt auf “selbst”. Anders als der Allradler, den man bei abgeschaltetem ESC nur mit Vorsicht genießen kann, ist der GT Fahrerauto durch und durch – vielleicht das beste, das Audi je auf die Räder stellte und mit großer Sicherheit einer der größten Entertainer überhaupt.

Na gut, ein paar Prozent der Euphorie muss der Strecke zugeschrieben werden. Eher wenig Grip, enge Ecken, da ist es leicht gut auszusehen für einen Sportwagen, der genug Power hat, um darauf zu sliden. Entscheidend ist aber nicht nur die ausgeprägte Agilität, sondern dass man sie vom GT quasi genussfertig und vor allem in gewünschter Breite serviert bekommt.

Kontrolliertes Ausrasten

Ein wesentlicher Punkt: die Kombination aus Saugmotor und einer mechanisch gesperrten Hinterachse, die – wenn es um Aspekte wie Dosier- und Kontrollierbarkeit geht – einfach nicht zu toppen ist. Beim R8 GT bestünde die Brisanz darin, dass ein 620-PS-Berserker mit bis zu 8700 Touren auf nur zwei Hinterräder niedergeht. Konjunktiv deshalb, weil sich die Ausschlagskraft eben regulieren lässt – mit besagtem Torque-Rear-System, ganz recht. Es funktioniert wie eine aktive Traktionskontrolle, stutzt den Radschlupf aufs bestimmte Maß zu Recht, aber eben nicht mit dem Ziel, maximalen Vor-Trieb zu generieren, sondern um die Quer-Triebe zu stabilisieren.

Insgesamt stehen sieben Stufen zur Anwahl – von züchtig bis weitwinklig. Und ja, das Ganze funktioniert tatsächlich so exakt und simpel, wie es sich einstellen lässt: Dosis definieren, hart ans Gas, gegenlenken, dann wird das Drehmoment zu einer unsichtbaren Leitplanke verformt, an der man sich in leichte bis kolossale Drifts lehnen kann.

Der Spaß ist grenzenlos, weil eingezäunt. Vieles klappt auf Anhieb, alles geht: Kreisverkehr-Gymkhana (kommen Sie mir nicht auf dumme Gedanken) ebenso wie (bessere Idee) Grenzbereich-Surfen auf der Rennstrecke. Nur weiter geht es leider nicht. Der GT ist die Abschiedsfeier für den R8, wie wir ihn kennen, eine ausgelassene, aber endgültige, was zu der bittersüßen Erkenntnis führt, dass er sich ausgerechnet jetzt verdrückt, wo es am schönsten mit ihm ist.

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