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„Das Auto ist wie ein Fremdkörper“

„das auto ist wie ein fremdkörper“

Beobachtet bei jungen Leuten eine nachlassende Begeisterung fürs Auto: der Rottacher Christian Stadler, Kreisvorsitzender des Landesverbandes Bayerischer Fahrlehrer.

„Das Auto ist wie ein Fremdkörper“

Immer häufiger scheitern Fahrschüler an der Führerscheinprüfung. Dies geht aus einer Auswertung des Kraftfahrtbundesamts hervor. Auch im Landkreis Miesbach scheinen junge Menschen zunehmend den Bezug zum Auto zu verlieren. Die Gründe hierfür sind vielschichtig.

Landkreis – Der Bericht des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) wirft ein schlechtes Bild auf die Prüflinge. Der Anteil nicht bestandener Theorieprüfungen in der Bundesrepublik ist nach Angaben des KBA von 29 Prozent im Jahr 2013 auf 37 Prozent 2021 gestiegen. Bei den praktischen Prüfungen für die Pkw-Klasse B hat sich die Durchfallquote von 37 Prozent 2013 auf 43 Prozent im Jahr 2021 erhöht. Christian Stadler (53) bestätigt diese Entwicklung. Zwar kann er mit exakten Werten für die Region nicht aufwarten. Aber: „Die Zahlen würde ich so über den Landkreis stülpen.“ Stadler betreibt eine Fahrschule in Rottach-Egern und ist zudem Kreisvorsitzender im Landesverband Bayerischer Fahrlehrer und hier auch stellvertretender Regionalvorsitzender fürs Oberland.

Die Gründe für das Absinken der Erfolgsquote seien komplex. Einen Grund sieht Stadler in der Verlängerung der Praxisprüfungsfahrzeit von 35 auf 45 Minuten. „Es ist wie in der Schule: Die Jugendlichen sind nicht mehr so konzentrationsfähig.“ Mehr Prüfungszeit heißt auch mehr Zeit, einen entscheidenden Fehler zu machen.

Die mangelnde Vorbereitung spielt dem Rottacher Fahrlehrer zufolge eine Rolle. Jugendliche verlieren durch den Bezug zu ihrem Gefährt: „Das Auto ist fast wie ein Fremdkörper“, schildert Stadler seine Beobachtungen. Er habe oft den Eindruck, als steige ein Prüfling einfach bei der Prüfung ein und probiere sein Glück. Selbsteinschätzung: mangelhaft.

Auch das Elternhaus spiele eine Rolle. „Wenn das Kind ständig zur Schule gefahren wird, ist das keine Straßenverkehrserziehung“, argumentiert der Kreisvorsitzende der Fahrlehrer, der auch Vorbildfunktion von Eltern beschwört. Stadlers Beispiel: Ein Fahrschüler fiel durch die Prüfung, weil er 300 Meter vor seinem Elternhaus entfernt ein Stoppschild überfuhr. „Papa hält hier auch nie“, hat der junge Mann Stadler zufolge erklärt.

Wobei: Das begleitende Fahren ab 17 Jahren habe durchaus eine verkehrserziehende Wirkung auf Seiten der Eltern. Und das junge Autofahrer nach einem Jahr begleitetem Fahren ihren Wagen deutlich besser im Griff haben, als Fahrschüler mit einer Ausbildung ab 18, bestätigt auch der Fahrschulbranchenreport 2021 des Vereins Moving. Allerdings fiel die Quote der Anmeldungen für das BF17-Modell von 70 auf unter 50 Prozent.

Die Praxis ist das eine, die Theorie das andere. Mittlerweile umfasst der deutsche Prüfungskatalog 1500 mögliche Fragen, und das Geschehen auf den Straßen wird immer komplizierter, beispielsweise durch neue Verkehrsteilnehmer wie E-Scooter oder auch das Aufkommen im Allgemeinen. Möglicherweise sind Fahrschüler durch den Umfang des Lernstoffs überfordert.

Auch Stadler sagt: „Die Prüfung beinhaltet auch wahnsinnig viele Technikfragen.“ Da sei es nicht hilfreich, dass die Jugendlichen sich immer weniger mit ihrem Gefährt auseinandersetzen – und offenbar auch nicht mit dem Lernstoff. Eine Umfrage von Moving ergab, dass fast die Hälfte der Fahrschüler weniger als zehn Stunden für die Theorieprüfung lernen, während die Fahrlehrer eher eine durchschnittliche Vorbereitungszeit von 25,3 Stunden ansetzen.

Im Ergebnis all dieser Einflussfaktoren steigt die Zahl der Durchfaller. Zahlen für den Landkreis haben übrigens weder das Landratsamt noch der TÜV, wie eine Anfrage unserer Zeitung ergab.

Immerhin: Die Prüflinge suchen die Schuld für ihr Scheitern nicht bei den Fahrschulen. Die Zufriedenheit mit der Ausbildung lag in der Moving-Umfrage bei etwa 80 Prozent.

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