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Cupra Born, Kia Niro EV, Renault Megane E-Tech: Praktische SUV-Stromer mit Sportgeist

Wer sehnt sich nicht nach den kurzen Ausbrüchen aus dem täglichen Trott, dem kurzen Adrenalinschwall? Wir gehen auf die Suche mit drei Nutzwert-orientierten, aber antrittsstarken Kompaktstromern.

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Cupra Born, Kia Niro EV und Renault Megane e-TECH: drei Nutzwert-orientierte, aber antrittsstarke SUV-Stromer im Test.

Da ist es wieder, dieses zarte Kribbeln. Ein kurzer, bestimmter Tritt auf das Strompedal, der diesen wuchtigen Drehmomentstoß auf die angetriebenen Räder loslässt und den tonnenschweren, vierrädrigen Materialmix zusammen mit dem eigenen Kreislauf in Schwung bringt – und zwar ordentlich. Das üppige, sofort anliegende Drehmoment eines E-Motors macht selbst aus braven Kompaktmodellen olympische Zwischensprinter, gibt ganz nebenbei noch Sicherheit beim Überholen und Einfädeln auf kurzen Beschleunigungsstreifen. Aber um mit solch kleinen Freuden aus ihm auszubrechen, muss dieser Alltag überhaupt erst mal stattfinden. Dabei dürfte der Kia Niro EV für alle Aufgaben, die einem dieser Alltag entgegenwirft, besonders gut gerüstet sein. Schließlich verräumt er auf seinen 4,42 Metern Außenlänge nicht nur am meisten Gepäck, sondern auch Mitfahrer klar am bequemsten.

Große Türen erleichtern den Einstieg in den geräumigen Fond, der mit dem 1.290 Euro teuren Relax-Paket sogar eine Sitzheizung bietet. Weiter vorn thront man schon beinahe Vanartig auf gemütlichen, mit Kunstleder bezogenen Sitzen und blickt auf eine recht wertige, sauber zusammengesetzte Kunststoff-Landschaft. Bei der Bedienung mixt Kia einen Touchscreen mit einer Touchleiste, die je nach Modus entweder Klimafunktionen zeigt oder Direktwahloptionen für das Infotainment. Der Touchscreen liegt etwas tief und wirkt bei recht einfacher Menüführung manchmal etwas überladen. Auch die Kartendarstellung könnte ein paar Kontraste mehr vertragen. Positiv: Eine Suchfunktion erleichtert die Navigation im Einstellungsmenü. Negativ: Sprachbefehle müssen nach festgelegtem Muster gesprochen werden, und selbst dann ist die Trefferquote eher mittelprächtig.

Mäßiger Fluchtwagen

Geht es jedoch darum, den Alltag auch mal hinter sich zu lassen, verlässt den Kia der Mut. Sein Antriebsstrang stammt größtenteils vom Vorgänger. Lediglich die Batterie erhielt zusätzliche 0,8 kWh. Um das Leben der Vorderreifen zu verlängern, reduzierte man das maximale Drehmoment von 395 auf 255 Newtonmeter. Das nimmt dem Kia zwar ein wenig Explosivität, aber nicht den Nachdruck im Antritt. Er knackt seine Werksangabe im Null-hundert-Sprint um zwei Zehntel und fühlt sich alles andere als schlapp an.

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Nur will er sich nicht so recht mitreißen lassen. Die Lenkung spricht tranig an und lässt keinerlei Fahrbahn-Informationen durch. Stattdessen gibt es nur übertriebenes Rückstellmoment, gegen das es sich aber auch nicht wirklich lohnt anzukämpfen, denn viel mehr außer Seitenneigung, Aufbaubewegungen und Untersteuern hat der Kia nicht zu bieten. Dabei bleibt er zwar sicher, aber eben auch streng alltäglich. Da kann er mit seinem komfortablen Fahrwerk und dem Talent, stets als Letzter an die Ladesäule zu müssen, überzeugen.

Tatsächlich ist es ziemlich beeindruckend, was der Kia aus seinem mittlerweile ja nicht mehr ganz taufrischen Antrieb holt: beste Test- und Eco-Reichweite, niedrigster Verbrauch und das, obwohl er beim Fahrwiderstand gegen Megane und Born das Nachsehen hat. Dabei hilft ihm auch die vielstufig einstellbare Rekuperationsintensität. Seine Effizienz gleicht in der Umweltwertung zumindest den langen Transportweg aus Südkorea nach Deutschland aus. Das Alter merkt man ihm erst bei der recht mickrigen Ladeleistung von 80 kW und der daraus resultierenden Ladezeit von 46 Minuten bis 80 Prozent sowie der fehlenden Laderoutenplanung an.

Mit Letzterer hingegen kann der Renault Megane E-Tech richtig glänzen. Schließlich holte man sich für das neue Infotainment den Online-Giganten Google ins Boot. Nur wenige Fahrzeuge berechnen Routen mitsamt Ladestopps in der Geschwindigkeit des Megane. Auch passt er stets den Ladestand bei Ankunft an und zur Not die Route, falls der Strom nicht bis zur angepeilten Ladesäule reicht. Ja, der Renault versteht sich als Digital Native, verwendet Google Assistant für die Sprachsteuerung, die zwar nicht so tief ins Fahrzeug und seine Funktionen blicken kann wie die Systeme von BMW oder Mercedes, aber dafür alles andere mindestens genauso gut, wenn nicht besser kann. Clever: Das System zeigt in einem kleinen Textfeld an, was es vom Gerede des Fahrers versteht.

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Trotz eines grundsätzlich ablenkungsintensiveren Touchsystems gelingt die Bedienung im Megane erfreulich leicht. Die Symbole auf dem Touchscreen sind groß, die Reaktionen blitzschnell, die Menüs flach, und es gibt Direktwahl-Berührfelder. Basis-Klimafunktionen sowie die Lenkradbedienung lassen sich präzise über klassische Tasten steuern. Zwar stechen einige nett aussehende Materialien im Renault ins Auge, beispielsweise der helle Stoff auf Armaturenbrett und Sitzen, aber bei genauerem Hinsehen findet sich dann doch ziemlich viel hartes, teilweise schlecht entgratetes Plastik. Die Sitze bieten ordentlichen Halt, dem Lenkrad mangelt es jedoch an Verstellweite. So sitzen groß Gewachsene entweder mit angezogenen Knien oder mit gestreckten Armen.

Trotzdem wird in Reihe eins viel geboten, während die Mitfahrer in Reihe zwei schnell die Realität einholt – und das beginnt bereits mit dem Einstieg in Reihe zwei. Der gelingt durch die kleinen Türen nur mäßig elegant, und im sehr engen, dunklen Fond finden auf der flachen Strafbank mit wenig Knie- und Kopffreiheit nur kleine Personen eine halbwegs bequeme Sitzposition. Der Megane besitzt zwar klar die kompaktesten Ausmaße, ist aber mit seinen schießschartigen hinteren Fenstern derart unübersichtlich, dass man für das in der Techno-Linie serienmäßige 360-Grad-Kamerasystem dankbar sein muss. Immerhin: Der Kofferraum ist, gemessen an den Ausmaßen, groß dimensioniert. Die Nutzbarkeit leidet jedoch unter der hohen Ladekante und der mächtigen Stufe bei umgelegten Rücksitzen. Ein verstellbarer Ladeboden kostet im Zubehör zwar nur 233 Euro, war aber im Testwagen nicht verbaut.

Wo will er denn nun hin?

Schluss jetzt mit dem Alltag! Der Megane lässt sich kraft seiner 300 Newtonmeter nicht lumpen und sprintet in 7,6 Sekunden gen 100 km/h. Im Zwischensprint von 80 auf 120 km/h hat er sogar leicht die Nase vorn. Im Gegensatz zu seinen Konkurrenten verzichtet der Renault auf einen Permanentmagneten im Rotor. Stattdessen setzt er auf eine stromerregte Spule. Das spart seltene Erden und bringt Vorteile beim Segeln.

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Dass nun schon wieder über Effizienz geschrieben wird, liegt auch daran, dass der Megane Achterbahngefühle primär beim Zwischenspurt, weniger in Kurven auslöst – ähnlich wie der Kia. Zwar reagiert er direkter und williger auf Lenkbefehle als der Niro, stützt sich besser gegen Querkräfte ab, aber es wirkt, als würde der Megane stets ein wenig gegen sich selbst kämpfen. Wie im Kia kommt nicht allzu viel Feedback im Lenkrad an, und es scheint ein steter Konflikt zwischen Komfort und Sport zu herrschen. Die Lenkungskennlinie ist unharmonisch und vor allem nicht immer linear, weswegen es schwerfällt, einen sauberen Strich zu fahren. Das Fahrwerk lässt dem Megane zugunsten des Federungskomforts etwas Freiraum, kleistert ihn nicht fest und straff an die Straße. Auf kurzen Wellen federt er aber trotzdem hölzern. Außerdem ist der Aufbau bei höherem Tempo stets leicht in Bewegung, sodass man sich am Ende fragt, wer der Renault charakterlich nun eigentlich sein möchte.

Auf der Autobahn glänzt er dagegen mit seinem gut applizierten Spurhalteassistenten und der besten Verkehrszeichenerkennung im Test, die aber auch nicht unfehlbar ist. Praktischerweise haben die Franzosen eine eigene Lenkradtaste für die Tempolimitübernahme abgestellt. So kann man das Tempo bequem anpassen, ohne sich vom System bevormunden lassen zu müssen. Dank seines fremderregten Motors fährt der Renault relativ sparsam, ohne dem ökonomischen Kia auf den Verbrauchsrunden das Lithium reichen zu können. Mit knapp über 130 Kilowatt erreicht er die höchste Spitzenladeleistung und hievt seinen Akku in 38 Minuten auf 80 Prozent SoC. Dank des serienmäßigen 22-kW-AC-Laders ist der Megane an städtischen Wechselstrom-Säulen nach rund drei Stunden wieder voll. Und Kleingärtner erfreuen sich an bis zu 900 Kilo Anhängelast.

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Dem Cupra ist das alles viel zu spießig. Anhänger kann er erst gar nicht ziehen, und wer gärtnern will, soll das doch bitte im kleinen Stil auf dem Balkon tun. Okay, ganz so rebellisch und gegen das Establishment, wie Cupra den Born gerne inszeniert, ist er nicht. Dafür ist sein Unterbau aus dem niedersächsischen Kleingartenparadies Wolfsburg schlicht zu alltagsfokussiert. Das zeigt sich jedoch erst später, denn vorn erwartet einen erst mal das bekannte Übel der umständlichen Bedienung am Lenkrad, am störanfälligen, langsamen Touchscreen und an den unbeleuchteten Slidern für Temperatur und Lautstärke. Und auch wenn er sich qualitativ leicht von seinem Genspender VW ID.3 abhebt, trägt er noch etwas zu viel Hartplastik im Griff- und Sichtbereich.

Lichtblicke? Ja, die gibt es, etwa die brauchbare Sprachbedienung, das hervorragende Head-up-Display, das auch Augmented-Reality-Navigationssymbole anzeigen kann, und die nicht immer ganz treffsichere, aber trotzdem nützliche Laderoutenplanung. Die optionalen Integralsitze sind mit ihrem üppigen Seitenhalt, den vielfältigen Einstellmöglichkeiten und dem guten Komfort dagegen ein echtes Highlight. Aber auch weiter hinten sitzt man richtig gut. Die Sitzbank ist ausgeformt, bequem gepolstert, und es mangelt nicht an Raum wie im Megane, ohne dass es so limousinig-luftig wie im Niro zugeht. Dank variablem Ladeboden nutzt der Born seinen Kofferraum gut aus. Die Durchlade bringt etwas Variabilität, und trotz des gedrungenen Hecks lässt sich auch das hintere Drittel des Born einigermaßen von innen überblicken.

Und es geht weiter mit Alltagskompetenz: Das optionale Adaptivfahrwerk kommt zwar nicht ganz an das des weichen Kia mit dem sanften Naturell heran, hält den Aufbau aber besser unter Kontrolle und federt im Comfort-Modus straff, aber manierlich. Subjektiv reißt es den Cupra am kräftigsten nach vorn. Klar, er hat am meisten Power, aber auch sein Ansprechverhalten fühlt sich am explosivsten an. Ein Tritt über die Kickdown-Schwelle oder ein Druck auf die Cupra-Taste am Lenkrad weckt 20 zusätzliche Kilowatt, mit deren tatkräftiger Unterstützung der Cupra als Einziger in dieser Runde in unter sieben Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h sprintet.

Halb heißer Hatch

Aber während die anderen vor allem dynamisch spurten, trägt der Born die Dynamik auch mit in die Kurven. Ohne Leistungseinflüsse agiert die Lenkung leicht und spielerisch, motiviert mit ihrer Direktheit, schenkt mit einer kleinen Portion Rückmeldung das nötige Vertrauen. Die Dämpfer können in ihren 15 Einstellstufen im Individualmodus zugunsten maximaler Seitenabstützung oder maximaler Nachgiebigkeit programmiert werden. Das Ergebnis: Der Cupra fegt mit stattlichen 140 km/h durch den Ausweichtest und macht auch jenseits der Teststrecke einfach Spaß. Während das Handling-Spektrum der beiden anderen von unentschlossen (Renault) bis unmotiviert (Kia) reicht, ist der Born im Vergleich schon fast ein Antreiber.

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Nicht falsch verstehen, er ist kein wilder Hot Hatch mit einem Abbiege-Instrument als Lenkung und Übersteuerneigung. Dafür fehlt es ihm an Konsequenz in Abstimmung und Ausrichtung. Aber wie behände er seine rund 1,8 Tonnen durch Wechselkurven wirft, reicht schon völlig aus, um einen langen Arbeitstag hinter sich zu lassen. Anteil daran haben auch seine breiten, sportlich abgeschmeckten Michelins, die ihm mit Trommelbremsen an der Hinterachse die klar besten Bremswerte mit kalter wie mit warmer Bremse bescheren. Aber so sehr er es versucht: Der alltägliche Trott holt selbst ihn ein. Seine Verkehrszeichenerkennung ist zwar vorhanden, aber äußerst unzuverlässig. Sein guter cw-Wert von 0,27 beschert ihm zwar den klar niedrigsten Fahrwiderstand bei 130 km/h, dennoch geht scheinbar einiges an Energie auf dem Weg zu den Rädern verloren, denn sein Verbrauch ist der höchste – trotz cleverer adaptiver Rekuperation.

In Kombination mit der kleinsten Batterie im Test ist der Aktionsradius des Born spürbar kleiner als bei Kia und Renault. Immerhin lädt er am schnellsten, obwohl er seine angegebene maximale Ladeleistung von 120 kW im Test um fast 20 kW verfehlte. Mit 37 Minuten für den Ladehub bis 80 Prozent ist er knapp vor dem Megane wieder auf der Straße. In der neuen Umweltwertung verliert der Kia seinen Effizienzvorteil durch den langen Transportweg aus dem Werk Hwaseong. Der Cupra wird zusammen mit dem ID.3 in der Nähe von Zwickau gefertigt, der Megane kommt aus dem französischen Douhai bei Lille. Fest steht aber auch, dass diese drei recht alltäglichen Kompakten auch aus dem finanziellen Rahmen ausbrechen, den sich die meisten Kunden für ein solches Auto setzen. Denn selbst der günstige Cupra ist mit 170 kW nicht für unter 40.000 Euro zu haben und dann noch längst nicht gut ausgestattet. Das Adaptivfahrwerk kostet zusammen mit den 20-Zöllern 1.790 Euro.

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Aber auch Navigationssystem, Fahrassistenten und Sportsitze wollen extra bezahlt werden. Immerhin gibt es die Wärmepumpe serienmäßig, was für den Niro nicht gilt, denn kürzlich flog sie aus der Serienausstattung und wurde zur 1.000-Euro-Option. Pakete für Fahrassistenz und Head-up-Display hieven den Kia ebenfalls schnell über die 50.000-Euro-Schwelle. Die bessere Serienausstattung und die sieben Jahre Garantie bringen ihn trotzdem an die Spitze der Kostenwertung, die den Renault mit seinem immensen Preis für die umfangreich ausgerüstete Techno-Linie zurückwirft.

Am Ende verfliegt aber das Kribbeln nicht nur angesichts des Preises, sondern auch aufgrund des Gewöhnungseffekts. Der Adrenalinschwall wird kleiner, der Ausbruch aus dem Alltag wird zum Ausbruchsversuch. Nicht jedoch im Cupra, der Fahrfreude über mehr Charakteristika als die reine Beschleunigung definiert. Mit seiner dynamischen Ausrichtung sichert er sich bei noch genug Alltagskompetenz den Testsieg, kann jedoch nicht verheimlichen, dass der Kia trotz seiner schwächlichen Lade-Performance der wahre Alltagsmeister mit guter Reichweite und viel Platz ist. Der digital talentierte, aber sehr eng geschnittene Megane ist ebenfalls ein guter, weil effizienter Stromer, hat jedoch seine Persönlichkeitsentwicklung noch nicht ganz abgeschlossen.

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