Test

Citroen e-Berlingo im Test: Viel Platz für Menschen und Material

Hochdachkombi auf EMP2-Basis mit 100-kW-Elektroantrieb und rund 280 km Reichweite

citroen e-berlingo im test: viel platz für menschen und material

In nur vier Jahren will Citroen in allen Baureihen ein reines Elektroauto anbieten. Das ist ein Wort, denn die Marke hat derzeit acht Pkw-Reihen – vom Kleinwagen C3 über den neuen Mittelklasse-Crossover C5X bis hin zum großen Transporter Citroen Jumper. Bislang war davon nur eine auch elektrisch zu haben, nämlich der C4. Im September 2021 kam der e-Berlingo hinzu. Wir haben das Auto nun nördlich von Paris getestet.

Das Herz von Citroen: So emotional ordnet der Hersteller den Hochdachkombi ein. Und das nicht ohne Grund, denn in vielen Jahren war das Modell der Marken-Bestseller. Die aktuelle Generation drei ist seit 2018 auf dem Markt. Sie wird nun auch als Elektroauto angeboten.

Antrieb und Fahrgefühl

Der erste elektrische Berlingo war allerdings der ab 2013 gebaute Berlingo II, der mit 57 kW Antriebsleistung und gerade mal 170 Kilometer NEFZ-Reichweite aber noch ziemlich schwach auf der Brust war. Der neue e-Berlingo dagegen bekommt den von vielen Peugeot- und Citroen-Modellen bekannten Elektroantrieb mit 100 kW Leistung und rund 280 km Reichweite (im anspruchsvolleren WLTP-Zyklus).

citroen e-berlingo im test: viel platz für menschen und material e-Berlingo XL (vorne) und der 25 Zentimeter kürzere e-Berlingo M (hinten) im Vergleich

Wir fuhren die längere der beiden Versionen, den 4,75 Meter langen e-Berlingo XL. Im Vergleich zum kurz zuvor gefahrenen Transporter Citroen e-Spacetourer XL mit dem gleichen Antrieb fuhr sich der Berlingo XL deutlich agiler. Kein Wunder, der große Spacetourer wiegt 400 Kilo mehr, und das beim gleichen Antrieb. Was das Kurvenverhalten angeht, so tut die schwere Batterie im Boden dem Berlingo gut – die Version mit mit Verbrenner ist nämlich ziemlich wankanfällig.

Wie von Peugeot e-208 & Co. bekannt, stehen auch beim e-Berlingo nach dem Systemstart zunächst nur 80 kW zur Verfügung. Das reicht locker für kleine Landstraßen. Auf der Autobahn kann es dann schon mal nützlich sein, per Wippe in der Mittelkonsole den Sport-Modus zu aktivieren – dann hat man die vollen 100 kW. Die bekommt man allerdings auch per Kickdown.

citroen e-berlingo im test: viel platz für menschen und material Mittelkonsole des e-Berlingo: Die B-Taste liegt links, rechts daneben die Wippe zum Einstellen des Fahrmodus

In Sachen Rekuperation bietet der e-Berlingo wenig Variationsmöglichkeiten. Im normalen D-Modus verzögert der e-Berlingo beim Gaspedal-Loslassen praktisch gar nicht, also drücke ich als bekennender Liebhaber des One Pedal Driving bald die B-Taste. Damit lässt sich in vielen Fällen schon ausreichend verzögern, wenn auch nur bis etwa 8 km/h und nicht bis zum Stand. Interessant für alle, die auf einer Anhöhe wohnen: Wenn der Berlingo voll geladen ist, rekuperiert er (wie die anderen E-Autos mit diesem Antrieb) gar nicht.

Cockpit

Im Cockpit gibt es ein konfigurierbares Instrumentendisplay und einen ansehnlichen Touchscreen in der Mitte – damit ist der Wagen deutlich zeitgemäßer ausgestattet als der Spacetourer. Dazu kommt noch das Head-up-Display auf Basis einer kleinen ausfahrbaren Plexiglas-Scheibe.

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Die Materialien sind allerdings auch nicht edler als beim Verbrenner-Berlingo, hier dominiert Hartplastik. Was mich mehr stört, ist die nach wie vor nervige Bedienung des Tempomats – der Hebel dafür verbirgt sich geschickt hinter der Lenkradspeiche. Die Sucherei danach lenkt mich seit gefühlt zehn Jahren vom Verkehr ab, aber PSA kennt hier kein Einsehen.

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Immerhin finde ich diesmal heraus, wie man das Tempolimit von einem Verkehrsschild übernimmt: In dem Moment, da man das Schild passiert, muss man zweimal die “MEM”-Taste drücken. Das ist natürlich viel umständlicher als bei Audi oder BMW, da passiert die Übernahme auf Wunsch automatisch. Aber Citroen ist nun mal keine Premium-Marke. Einen Abstandstempomaten gibt es für den Berlingo ebenfalls nicht.

Sitzsystem und Kofferraum

Die Stärke des Berlingo ist weder das Innenraumambiente noch die Elektronik-Ausstattung, sondern das Platzangebot, zumal in der gefahrenen Version XL. Das wird deutlich, wenn man die Sitze (inklusive Beifahrersitz) flach legt: Die freie und fast komplett ebene Fläche beeindruckt.

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Wie groß der Kofferraum ist, geht aus den offiziellen Daten nicht hervor: Citroen gibt 332 bis 1.050 Liter für den XL an; das kann nicht das Maximalvolumen bis zum Dach sein. Sehen Sie sich besser unsere Bilder oder den Kofferraum beim Händler an.

Wenn man die riesige, freie Ladefläche sieht, kommt einem unweigerlich in den Sinn, den Berlingo für eine improvisierte Übernachtung zu nutzen. Auch eine Verwendung als (bescheidenes) Camping-Mobil wäre möglich. Ein Zelt, das man an die geöffnete Heckklappe hängen kann, bietet Citroen für den neuen Berlingo aber nicht mehr an.

Als ich die Heckklappe öffne, stelle ich fest, dass ich einen Siebensitzer erwischt habe – den es in Deutschland zumindest zunächst nicht geben wird. Schade, denn man sitzt sehr gut auf den beiden Sitzen ganz hinten, und weil zwischen ihnen Platz ist, kann man die dritte Sitzreihe sogar von der Heckklappe aus entern. Werden die Möbel nicht benötigt, kann man sie nach oben klappen und ausbauen – das altehrwürdige Tumble-System, das es heutzutage nur noch selten gibt. Vielleicht, weil die Sitze eben doch nicht wirklich leicht sind und dann doch meist in der Garage bleiben.

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Preise und Konkurrenz

Den e-Berlingo gibt es in der Länge M (4,25 Meter) ab 36.590 Euro; nach Abzug der Förderung werden daraus 27.020 Euro. Für die getestete Version XL zahlt man 41.040 Euro – für den Fünfsitzer, den Siebensitzer gibt es bei uns ja nicht. Dabei bekommt man beim XL aber eine gehobene Ausstattung.

Hochdachkombis mit Elektroantrieb gibt es bereits einige auf dem Markt, darunter die baugleichen Modelle Peugeot e-Rifter und Opel Combo-e. Der Berlingo ist jedoch die günstigste Lösung aus dem Konzern.

Die Elektroversion des neuen Renault Kangoo startet erst 2022, allerdings zunächst nur als Lieferwagen; ähnliches gilt offenbar für die baugleichen Modelle Nissan Townstar und Mercedes Citan. Hier sind ein 75-kW-Motor und 265 km Reichweite zu erwarten, also jeweils etwas weniger als bei Citroen. Kaum konkurrenzfähig ist die Elektroversion des VW Caddy von Abt mit 83 kW Antriebsleistung und nur 159 km Reichweite. Vielleicht hat VW das Auto deswegen kürzlich von seiner Elektro-Nutzfahrzeug-Website geworfen.

Alternativen aus dem SUV-Bereich gibt es natürlich auch: Einen Peugeot e-2008 zum Beispiel (ab 35.450 Euro, 100 kW und 342 km Reichweite) oder einen VW ID.4 (ab 37.415 Euro, mit 109 kW und 345 km Reichweite). Diese Modelle sind schicker, bieten aber weniger Variabilität und Stauvolumen. Und drei Kindersitze nebeneinander im Fond wie beim Berlingo sind wohl auch nur bei wenigen SUVs möglich.

Bildergalerie: Citroen e-Berlingo (2022)

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 Fazit: Derzeit der beste Hochdachkombi

Welche Elektroautos mit viel Platz für Kinder und Gepäck gibt es für unter 40.000 Euro? Wenn man aus Imagegründen kein SUV fahren will, dann kommen da eigentlich nur Hochdachkombis in Betracht. Und da ist der Citroen e-Berlingo derzeit wohl das beste Angebot. Zumindest, bis nächstes Jahr die Konkurrenz von Renault/Nissan/Mercedes startet.

Bildergalerie: Citroen e-Berlingo XL Siebensitzer

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Citroen e-Berlingo XL

Motor 1 E-Motor vorne (vermutlich PSM)

Leistung 100 kW (30-Minuten-Leistung: 57 kW)

Max. Drehmoment 260 Nm

Beschleunigung 0-100 km/h 11,7 Sek.

Höchstgeschwindigkeit 135 km/h

Verbrauch 20,0 kWh/100 km

Batterie 50 kWh brutto (prismatische Zellen von CATL, keine Angaben zur Chemie)

Elektrische Reichweite 277– 278 km (WLTP)

Ladeanschluss CCS2, bis 11 kW AC, bis 100 kW DC

Aufladezeit ca. 5h05 AC, ca. 30 min. DC (0-80%)

Länge 4.753 mm

Breite 1.848 mm

Höhe 1.849 mm

Kofferraumvolumen 322-1050 Liter (vermutlich bis Fensterlinie)

Leergewicht 1.813 –1.962 kg (Fünfsitzer)

Zuladung 358-507 kg

Anhängelast 750 kg (12% Steigung, gebremster Anhänger)

Basispreis 41.070 Euro

Marktstart September 2021

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