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Test

BMW i4 M50: Viertüriges Elektro-Coupé mit 400 kW im Test

Wie die Ingenieure die elf Zentimeter dicke Batterieplatte untergebracht haben

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Während der VW-Konzern seine Elektroautos grundsätzlich auf dedizierte Elektro-Plattformen stellt (zunächst den MEB, später PPE) und Mercedes derzeit seine ersten E-Autos auf dedizierten Plattformen vorstellt (der EQS basiert auf der EVA-Plattform), folgt BMW unverdrossen seiner flexiblen Strategie.

Die neue BMW-Elektroautos basieren dabei in der Regel auf der gleichen Plattform wie die Verbrenner-Modelle und Plug-in-Hybride. Ein Beispiel ist der neue i4, den wir nun in der Topversion M50 getestet haben. Er beruht im Grunde auf dem 4er Gran Coupé, das BMW im Juni vorgestellt hat.

Bildergalerie: BMW i4 M50 (2022, Test)

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BMW bezeichnet den i4 als viertüriges Coupé, wegen der großen Heckklappe könnte man ihn auch als fünftürige Schräghecklimousine einstufen – aber natürlich eine Sportlimousine, wie schon die schicke Optik vermittelt. Zur sportlichen Positionierung passt auch die Motorisierung, vor allem beim M50, den BMW als ultimative elektrische Fahrmaschine bezeichnet, und als erstes M-Modell mit Elektroantrieb.

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Während das 250 kW starke Einstiegsmodell i4 eDrive40 ein Hecktriebler ist, hat der M50 einen 400 kW starken Allradantrieb. Für den Vortrieb sorgen wie beim iX fremderregte Synchronmotoren, beim M50 leisten sie vorne 190 kW und hinten 230 kW. Die Summe ist größer als 400 kW, die Systemleistung wird also hier wie beim iX von der maximalen Leistungsabgabe der Batterie bestimmt.

Akku und Sitzposition

Der Akku ist bei beiden i4-Versionen eine 81-kWh-Batterie (netto), die beim M50 für bis zu 521 km Reichweite sorgt. Die Batterieplatte ist mit 11 Zentimeter Höhe sehr flach. Dennoch ist die Sitzposition nicht viel höher als im 4er Grand Coupé, beteuern die BMW-Ingenieure. Wie ist das möglich?

Nun, erstens haben die Techniker die Bodenfreiheit von 145 Millimetern auf das gesetzliche Mindestmaß von 125 Millimetern gesenkt; das bringt zwei Zentimeter. Zweitens ist das Auto etwa vier Zentimeter höher. Und drittens hat der i4 eine komplett andere Bodenplatte als das 4er Gran Coupé. Dabei wird der Akku als Stabilitätselement genutzt.

Auch im Fond scheint man kaum höher zu sitzen als sonst in einer Limousine. Allerdings liegt der Boden höher, so dass die Knie doch deutlich nach oben stehen. Unbequem ist das nicht, aber auf kurvigen Landstraßen dürfte man im Fond wenig Halt an den Beinen haben.

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Fahrwerk

Das Leergewicht des i4 M50 liegt bei 2.290 Kilo; das sind stolze 520 Kilo mehr als bei der Topversion des 4er Gran Coupé (440i xDrive mit Sechszylinder und Automatikgetriebe). Fahrdynamisch ist das natürlich erstmal ein Nachteil, weil das Auto in der Kurve schwerer von der Geradeausfahrt abzubringen ist.

Auf der Positivseite steht, dass durch das enorme Gewicht auch 400 kW problemlos auf die Straße zu bringen sind – durchdrehende Räder muss man hier nicht befürchten. Ein weiterer Vorteil ist, dass der tiefliegende Akku den Schwerpunkt um 37 Millimeter tiefer legt.

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Der Radstand ist knapp fünf Zentimeter länger, zudem ist die Spur breiter als bei einem normalen BMW 3er – beides kommt dem Platz für die Batterie zugute.

Positiv überrascht war ich von der Lenkung. Schon bei meiner ersten Testfahrt mit dem iX hatte ich festgestellt, dass sie nicht mehr so zäh und schwergängig ist wie bei den BMW-Verbrennermodellen von früher. Ich hatte befürchtet, dass es beim i4 M50 wieder in Richtung des zähen Lenkgefühls gehen würde. Das ist aber nicht der Fall: Das Steuer lässt sich ähnlich leicht drehen wie beim iX. Kollege Stefan Wagner war bei seiner Testfahrt mit einem M50-Prototypen ebenfalls sehr angetan von der Lenkung.

Cockpit

Innen hat der i4 eine Displaylandschaft, die an den iX erinnert. Das heißt, es gibt das gleiche leicht gebogene Display im Querformat. Hier unterscheidet sich der i4 deutlich vom 4er Gran Coupé. Andererseits hat der i4 nicht nur einen Schalter als Getriebewähler wie der iX, sondern noch einen traditionellen Hebel.

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Der Abstandstempomat, der beim iX fast immer das Tempo lieferte, das ich selbst gewählt hätte, legte beim i4 für mein Gefühl oft zu viel Speed vor. Auch wenn das Auto schon “wusste”, dass es auf eine kurvige Strecke zufuhr, senkte es das eingestellte Tempo oft nur von 100 auf 90 km/h – was für mein Gefühl etwa 15 bis 20 km/h zu viel beim gegebenen Kurvenradius und den teils engen Straßen mit Gegenverkehr war.

Vermutlich haben die Ingenieure das M-Fahrzeug anders programmiert. Eine Einstellmöglichkeit dafür scheint es nicht zu geben; man kann nur zum Beispiel einstellen, dass das Tempolimit um zum Beispiel 5 km/h überschritten wird. Außerdem kann man festlegen, dass auf der Autobahn das Rechtsüberholen verhindert wird:

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Vortrieb und Verbrauch

Auf der Autobahn lässt sich der i4 M50 spielend leicht auf höheres Tempo bringen; das Maximaltempo von 225 km/h war bei den gegebenen Verkehrsverhältnissen aber nicht mal ansatzweise drin. Dass man einen 400 kW starken Elektroantrieb auf öffentlichen Straßen kaum ausfahren kann, dürfte sich von selbst verstehen. Das Fahrwerk wirkte seltsamerweise komfortabler als beim iX – zu hart ist es keinesfalls.

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Am Ende der Testfahrt zeigte der Bordcomputer einen Verbrauch von 19,0 kWh/100 km an; damit lag ich etwa auf Höhe des WLTP-Normverbrauchs von 18,0-22,5 kWh. Laut Anzeige wurden 8,3 kWh durch Rekuperation in die Batterie zurück gespeist.

Die WLTP-Reichweite liegt offiziell zwischen 416 und 521 km. Damit variiert die Reichweite je nach Ausstattung um rund 100 km. Dieser gewaltige Unterschied ist zum Teil auf die Räder zurückzuführen. Der Testwagen hatte die optionalen 20-Zöller, was die Maximalgröße darstellt. Daher war kaum mit einer Reichweite von über 400 km zu rechnen.

Diese Marke hätte ich dank zurückhaltender Fahrweise wohl auch erreicht. (Ich übernahm den i4 M50 mit einer Akku-Anzeige von 100 Prozent, nach der 159 Kilometer langen Testfahrt waren noch 62 Prozent drin. Danach habe ich 38 Prozentpunkte verbraucht. Auf 100 Prozent umgerechnet wären demnach 418 km möglich gewesen.) Die Strecke führte allerdings zu einem größeren Teil über die Landstraße, und auf der Autobahn fuhr ich nicht schneller als 140 km/h.

Der i4 M50 kostet knapp 70.000 Euro. Zu den Alternativen gehört das Model 3 Performance. Der Tesla ist mit einer Sprintzeit von 3,3 Sekunden noch schneller als der M50 (3,9 Sek.), die Reichweite ist ebenfalls etwas größer (567 statt 521 km), der Preis mit etwa 59.000 Euro zudem deutlich niedriger. Hauptnachteil des Model 3 gegenüber dem i4 ist der kleine Kofferraumdeckel.

Fazit: E-Antrieb beeindruckend gut integriert

Alles in allem ist es beeindruckend, wie gut BMW die Verbrenner-Plattform für ein Elektroauto genutzt hat. Wir beginnen zu ahnen, warum die Münchner Marke keine dedizierte Elektroplattform nutzt. Zumindest beim i4 würde das wohl kaum große Vorteile bringen. Vor allem ist die Sitzposition so, wie man sie in einem sportlichen Auto haben will, und nicht elf Zentimeter höher (wie man wegen der Höhe der Batterieplatte vermuten könnte).

Im Fond liegt allerdings der Boden höher, wodurch die Knie nach oben stehen. Der Kofferraum ist bemerkenswert gut nutzbar: Die Klappe öffnet weit, der Ladeboden wird beim Umklappen der Fondsitze schön eben. Das ist ein deutlicher Vorteil im Alltag gegenüber der kleinen Kofferraumklappe des Model 3.

Bedient wird der i4 eher konventionell. Das Head-up-Display gefällt uns gut, während der Abstandstempomat mit aktivierter “Hyperintelligenz” in Landstraßen-Kurven meist ein zu hohes Tempo für meinen Geschmack wählte. Da würde ich mir zumindest eine Einstellmöglichkeit für die Tempoverringerung auf kurvigen Strecken wünschen.

Dass ein 400 kW starkes Elektroauto mehr als genug Leistung für den Alltag hat, dürfte klar sein. Zum Thema Fahrspaß und Verhalten im Grenzbereich orientieren Sie sich vielleicht besser an den Fahrberichten unserer beiden Fahrdynamik-Experten Stefan Wagner und Daniel Hohmeier, die sind da kompetenter als ich:

BMW i4 M50

Motor 2 E-Motoren (FSM), vorne 190 kW, hinten 230 kW

Leistung 400 kW (Systemleistung)

Max. Drehmoment 795 Nm (Systemdrehmoment)

Antrieb Allradantrieb

Beschleunigung 0-100 km/h 3,9 Sek.

Höchstgeschwindigkeit 205 km/h

Batterie 81 kWh netto

Verbrauch 18,0 – 22,5 kWh/100 km

Elektrische Reichweite 416 – 521 km (WLTP)

Ladeanschluss CCS2, bis 11 kW AC, bis 205 kW DC

Aufladezeit 8,25h bei 11 kW AC, 31 min (10-80%) bei 200 kW DC

Länge 4.783 mm

Breite 1.852 mm

Höhe 1.448 mm

Kofferraumvolumen 470 – 1.290 Liter

Leergewicht 2.290 kg

Zuladung 445 kg

Anhängelast 1.600 (gebremst, 12% Steigung)

Basispreis 69.900 Euro

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