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Autohandel: Gebrauchtwagenkäufer können auf niedrigere Preise hoffen

autohandel: gebrauchtwagenkäufer können auf niedrigere preise hoffen

Heiße Ware: Angebot eines Gebrauchtwagenhändlers in Frankfurt

Für Autokäufer war 2022 ein Horrorjahr. Neuwagen waren und sind nur mit extrem langer Wartezeit zu bekommen, weil VW, BMW, Mercedes und Co. unter Teilemangel ächzen und viel zu wenig Fahrzeuge produzieren. Gleichzeitig schnellten die Preise für Gebrauchte auf ein Allzeithoch. Jetzt bahnt sich im Gebrauchtwagenhandel allerdings eine Trendwende an.

„Wir haben absolute Preisrekorde gesehen, aber wir haben die Spitze erreicht“, sagt Anthony Bandmann, der als Vertriebschef von Volkswagen Financial Services die Marktentwicklung genau verfolgt. Derzeit beobachtet die VW-Finanzsparte, dass sich die Preise für gebrauchte Modelle im Handel erstmals seit Monaten nach unten bewegen.

Aus Sicht von Verbrauchern ist das ein Entspannungssignal, auch wenn die Ursachen nicht erfreulich sind. Wer mit steigenden Kosten für Energie und Lebensmittel konfrontiert ist, überlegt sich zweimal, ob er ein Auto kauft. So lautet die gängige Erklärung für die derzeit rückläufige Nachfrage im Markt. Einen weiteren Dämpfer werden die Preise bekommen, wenn die Hersteller dank besserer Versorgungslage wieder mehr Neuwagen produzieren. Früher oder später landen diese dann auch auf den Höfen der Gebrauchtwagenhändler und vergrößern das dortige Angebot. Christian Dahlheim, der VW Financial Services als Vorstandschef leitet, gab sich am Mittwochabend auf einer Veranstaltung in Braunschweig zuversichtlich, dass solche Effekte im Markt bald sichtbar werden.

2021 war ein Rekordjahr

Zuletzt ging die Entwicklung in die umgekehrte Richtung. Schon im Jahr 2021 hatten die Preise alle bisherigen Rekorde gebrochen. 2022 stiegen sie dann weiter. 27.497 Euro legten Verbraucher im Jahresdurchschnitt für einen Gebrauchtwagen auf den Tisch, rund 19 Prozent mehr als im Vorjahr und ein neuer Höchstwert, wie die Gebrauchtwagenplattform Autoscout 24 am Donnerstag in ihrem Jahresrückblick mitteilte. Besonders stark legten die Preise für Elektroautos zu, die um 30 Prozent in die Höhe schnellten. Benziner wurden im Schnitt um 20 Prozent teurer, gebrauchte Diesel um 17 Prozent.

Eine zentrale Rolle spielte die eingeschränkte Neuwagenproduktion, die dazu führte, dass wenig Leasing-Rückläufer und andere junge Gebrauchte in den Handel kamen. Autobesitzer hielten ihre Fahrzeuge länger, was das Angebot weiter einschränkte. So sanken die Bestände von Dieselfahrzeugen auf den einschlägigen Handelsplattformen um 23 Prozent, von Benzinern um 27 Prozent. Auch die Auswahl von Hybriden und E-Autos ging laut der Erhebung um 23 und 39 Prozent zurück.

Das Jahr 2022 sei ein „erneutes Ausnahmejahr gewesen“, kommentiert Stefan Schneck, Vertriebschef von Autoscout 24, den Verlauf der vergangenen Monate. „Der Krieg in der Ukraine und die dadurch explodierenden Energiepreise, die noch nachwirkende und andauernde Corona-Pandemie, die Engpässe an Halbleitern in der Automobilproduktion und natürlich die starke Inflation haben die Preise für Gebrauchtwagen wiederholt auf einen neuen Höchststand katapultiert.“

Eine Trendumkehr steht im Raum

Wie VW Financial Services stellt auch Schneck fest, dass der Preisanstieg zum Ende des Jahres „an Kraft eingebüßt hat“. Eine Trendumkehr im Frühjahr 2023 sei möglich. Eindeutig sei das allerdings noch nicht, mahnt er. Denn die Probleme der allgemeinen Teuerung blieben weiter ungelöst, ebenso wie die Schwächen in den Lieferketten der Automobilhersteller. Dort sorgt man sich vor allem um die Lage von Zulieferern, die wegen Engpässen nicht mehr lieferfähig sind oder Insolvenz anmelden müssen, weil sie durch steigende Kosten für Energie und Vorprodukte überlastet sind.

Fakt ist, dass die Neuzulassungen in Deutschland zuletzt zugelegt haben, wobei auch die bevorstehende Kürzung der staatlichen E-Auto-Förderung eine Rolle spielte. Im November hätten Kunden und Händler noch möglichst viele E-Fahrzeuge neu angemeldet, bevor der Bonus Anfang 2023 deutlich sinke, teilte der Verband der Automobilindustrie (VDA) in dieser Woche mit. Erstmals seien mehr als 100.000 Autos mit elektrischem Antrieb an Erstbesitzer ausgeliefert worden. In Summe wurden 260.512 Neuwagen zugelassen, 31,4 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Das sorgt für Hoffnung in der Branche und unter Kunden, auch wenn die Werte von einer niedrigen Basis kommen und vom Vorkrisenniveau noch weit entfernt sind. So wurden von Januar bis November in Summe 2,33 Millionen Fahrzeuge in Deutschland neu zugelassen, 30 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum des Vor-Corona-Jahres 2019.

Mit Blick auf kommendes Jahr erwartet das Marktforschungsunternehmen Schwacke, dass sich die Erholungstendenzen fortsetzen und die Neuwagenzulassungen im Vergleich zu 2022 steigen. „Dies sollte auch die Gebrauchtwagenmärkte entsprechend anregen, da mehr Autos auf den Markt kommen werden“, lautet die Einschätzung der Analysten. Noch sind die Lieferzeiten allerdings enorm lang, vor allem für Elektrofahrzeuge. So müssen Kunden auf Autos wie den Skoda Enyaq oder den Audi Q4 E-Tron laut dem Internetportal Carwow derzeit 15 bis 20 Monate warten.

Auch Dahlheim, der Chef von VW Financial Services, hofft auf eine „Normalisierung“, auch wenn die hohen Gebrauchtwagenpreise zuletzt den Gewinn seiner Sparte gestützt haben. Die Einheit ist im VW-Konzern für Finanzierungen sowie Auto-Abos und neue Pakete für Langzeitmieten zuständig, außerdem für neue Mobilitätsdienste. Steigen die Restwerte, profitiert das Unternehmen, wenn es konzerneigene Rückläufer-Autos aus Leasing- oder Finanzierungsverträgen weitervermarktet. Langfristig, so die Sicht der Manager, verzerren die jüngsten Anstiege aber den Markt. Wichtig sei eine stärkere Balance. „Hoffentlich sehen wir wieder mehr Neuwagen und hoffentlich auch wieder eine bessere wirtschaftliche Entwicklung“, so Dahlheim.

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