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Audi R8

Audi R8 V10 GT RWD im Test: Performance-Traum oder viel zu teuer?

620 PS, Heckantrieb, Drift-Hilfe, Carbon-Bodykit und saftiger Preisaufschlag: Wirklich das beste zum Schluss?

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Was ist das?

Es könnte jetzt ein wenig emotional und gleichzeitig relativ komplex werden. Was es mit dem gefühligen Part auf sich hat, dürfte klar sein: Wir alle wissen, dass es mit Audis Hochdrehzahl-Supercar langsam aber sicher dem Ende entgegengeht. Zumindest in der derzeitigen Form. Und das nach sage und schreibe 16 Jahren. Wie ist das eigentlich schon wieder passiert? 

Jedenfalls schickt Audi Sport als Abschiedsgeschenk an die Fans jetzt nochmal ein richtiges Brett auf die Rennstrecken und Flaniermeilen dieser Welt. Und sein Fan-tum sollte man auch gezeigt haben. Finanziell, versteht sich. Sonst kriegt man nämlich keinen.

Der Audi R8 V10 GT RWD ist weltweit auf 333 Exemplare limitiert (machen Sie sich keine Mühe, selbstverständlich waren selbige schneller weg, als Sie R8 V10 GT RWD sagen können. In Deutschland dauerte es lediglich ein paar Stunden) und nur wer bereits mindestens einen R8 oder ein anderes Audi RS-Modell besitzt, bekam den Zuschlag. Offenbar bewarb sich der ein oder andere Bonvivant mit Verweis auf seine Lambo-, Porsche- oder McLaren-Sammlung, aber das nützte alles nichts, wie Audi-Sport-Geschäftsführer Dr. Sebastian Grams mit verschmitztem Lächeln erzählt.

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Ein wenig kompliziert wird es, wie versprochen, bei der Einordnung des finalen R8-Hurras. Denn obwohl die Neckarsulmer Super-Flunder den größten Teil ihres Lebens für ihren Allradantrieb bekannt war und auch der erste R8 GT von 2010 vier Räder antreibt, hat man sich beim vermeintlich letzten und begehrenswertesten R8 von allen für Hinterradantrieb entschieden. 

Gleichzeitig installiert man die stärkste Ausbaustufe des 5,2-Liter-V10, deren 620 PS und 565 Nm bisher ausschließlich dem R8 V10 Quattro vorbehalten waren. Damit schwingt sich der neue GT zum stärksten Vier-Ringe-Hecktriebler aller Zeiten auf. Bisher war bei 570 PS Schicht im Schacht.

Für die große Abschluss-Sause setzt man also auf die ultimative Party-Variante. Bei der obendrein die heftig angespitzte Getriebe-Auslegung des Lamborghini Huracán STO (höheres Drehzahlniveau, kürzere Übersetzung), ein optionales Gewindefahrwerk, eine siebenstufige Drifthilfe über die Traktionskontrolle, ein leichterer CFK-Stabi an der Vorderachse, eine Keramik-Bremsanlage und unwiderstehlich schöne Leichtbau-20-Zöller mit Michelin Cup2-Semislicks für Stimmung sorgen. 20 Kilo hat man so nebenbei auch noch eingespart. 1.570 sind es insgesamt.

Optisch erkennen sie den neuen Über-R8 an einem atemberaubend scharfen Carbon-Aero-Kit, welches das Mittelmotor-Coupé (einen Roadster wird es nicht geben) gefühlt gleich doppelt so teuer aussehen lässt. Nicht, dass es bisher an Prestige gemangelt hätte, aber das ist schon fein. Vor allem, weil es kein anderer R8 kriegen wird. Nicht für Geld und gute Worte.

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Innen gibt es viel Schwarz und Rot. Das soll an den ersten R8 GT erinnern. Mindestens 225.000 Euro haben die schnellsten der treuen Fans für den R8 V10 GT RWD hingeblättert. In den meisten Fällen waren es allerdings 232.500 Euro, denn fast alle wollten die extra angemischte Sonderfarbe Suzukagrau Matt haben. Die Auslieferungen starten Anfang 2023. 

Wer kurz Preise vergleicht, wird allerdings unweigerlich schlucken müssen. Wir gehen davon aus, dass keiner der illustren Kunden das getan hat. Trotzdem sei es erwähnt: Ein “normaler” R8 V10 RWD Performance mit 570 PS startet bei 149.000 Euro. Kann man 76.000 Euro wieder reinfahren?

Wie fährt er?

Diese Frage ist seriös gar nicht so leicht zu beantworten und ich erkläre Ihnen auch gerne, warum. Meine Zeit im R8 V10 GT RWD beschränkte sich auf fünf Runden Rennstrecke. Gefahren wurde auf dem Circuito Monteblanco nahe Sevilla und selbiger “besticht” aktuell durch einen derart rutschigen und grobschlächtigen Asphalt, dass eine vernünftige Einschätzung des Autos nur schwer möglich ist. 

In den vielen engen Ecken des Kurses schmierte der GT folglich recht stark über die Vorderachse und so richtig viel Biss und Kralle wollten die beiden vorderen Cup2s nicht wirklich aufbauen. 

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Also in diesem Fall ungewohnt langsam rein in die Kurve und dann mit aller Fuchsteufelswildheit eines noch gieriger ansprechenden 620-PS-Saugmotors (Stichwort: Lambo-Getriebe) wieder hinaus. Da springt das ESP dann schonmal leicht im Dreieck vor lauter Stress und regelt kräftig ein. Wie gesagt, der Asphalt war hier wirklich keine Hilfe. 

Deutlich spaßiger wird’s im ESP-Sport-Modus. Dann gibt’s mehr Schlupf und herrlich amüsante Gegenlenker, ehe der R8 befreit von Dannen pfeilt. Noch mehr Freiraum für kontrollierten Unfug gibt es im Falle des GT dank erwähnter 7-Stufen-Traktionskontrolle. “Torque Rear” hat man das System getauft. Aktiviert wird per linksseitigem Bediensatellit am Lenkrad. 

Von Stufe 1 (sehr viel Drift-Babysitter) bis Stufe 7 (minimale Überwachung) kann je nach Talent oder Furchtlosigkeit variiert werden. Vorsicht ist dennoch geboten, denn trotz elektronischer Aufpasser ist und bleibt der R8 quer ein recht renitentes Biest. Beim Besserwerden hilft das neue Programm aber allemal, allein schon, weil man plumper am Gas sein kann, ohne dass der Wagen ansatzlos zum Kreisel wird. In Anbetracht des Anschaffungspreises sicher nicht gänzlich dämlich.

Ist der V10 GT RWD jetzt der ultimative R8 oder nicht?

Das wage ich nach dem kurzen, ziemlich seifigen Intermezzo am Volant nicht abschließend zu beurteilen. Es wird den 333 glücklichen Käufern auch herzlich egal sein. Sie kriegen nämlich den R8, den sich jeder halbwegs enthusiastische .. ähm .. Enthusiast schon immer gewünscht hat: Mit einer Optik, die in Sachen “Whoa!!!”-Faktor alles Vorherige in den Schatten stellt und dem bisher stärksten, aggressivsten Antriebs-Setting, das obendrein rein nach hinten arbeitet. 

Den maximal angespitzten Zehnzylinder in diesem Umfeld erleben zu dürfen, fühlt sich inzwischen fast unwirklich an. Auf dem Papier ist er mit 3,4 Sekunden von 0-100 km/h drei Zehntel langsamer als im Allrad-R8. Es könnte nicht wurschter sein. 

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Die wildere Getriebeabstufung macht ihn noch rastloser und renitenter. Er wäre dann längst soweit. Immer. Na gut, sagen wir immer über 5.000 Touren. Aber dann dreht er so irre schnell ans 8.700er-Drehzahllimit, dass man kaum mit dem Schalten hinterherkommt. Ein Erlebnis, dass man tiefstens einsaugen sollte, denn all zu lange wird man das nicht mehr können. Ich trau’s mich ja kaum zu sagen, aber ich bin zuletzt wieder 911 GT3 (992) gefahren und das hier knallt doch noch ein gutes Stück besser. 

Es mag vielleicht auch mit der Geräuschkulisse zu tun haben. Ja, der R8 GT musste tatsächlich neu homologiert werden. Nein, fragen Sie mich bitte nicht, wie sie es hingekriegt haben. Aber von seiner heroischen Klangkulisse hat der V10 gefühlt nix eingebüßt. Weder wenn er vorbei schleicht/fährt/brennt, noch wenn Sie drin sitzen.

Fazit: 9/10

Der Audi R8 war ja nie der radikalste, bissigste, fahrdynamisch herausstechende Supersportwagen. Aber er hat so ziemlich den geilsten Motor, den es derzeit noch gibt, er hat seit dem Start des Hecktrieblers RWS 2017 endgültig seine spielerische Seite gefunden, er sieht auch nach mehr als sieben Jahren Bauzeit noch zum Niederknien aus und er vereint das Ganze mit einem dicken Batzen Alltagstauglichkeit (auch was die Haltungskosten angeht im Übrigen). 

Mit dem R8 V10 GT RWD hat Audi Sport quasi das Destillat aus all diesen Tugenden kreiert. Ich wäre gerne zur besseren Beurteilung für Sie mit mehr Zeit auf besserem Geläuf unterwegs gewesen, aber das traue ich mich trotzdem zu sagen.

Der Preisaufschlag ist natürlich unter objektiven Gesichtspunkten absurd. Aber bei diesem vermutlich finalen Spezial geht es nicht um Objektivität. Hoffen wir, dass die 333 Exemplare auch gefahren werden und nicht in klimatisierten Hallen versauern.

Technische Daten und Preise Audi R8 V10 GT RWD

  • Motor: Zehnzylinder-Saugmotor; 5.204 ccm
  • Getriebeart: 7-Gang-Doppelkupplung
  • Antrieb: Hinterradantrieb
  • Leistung: 456 kW (620 PS) bei 8.000 U/min
  • Max. Drehmoment: 565 Nm bei 6.400 – 7.000 U/min
  • Beschleunigung 0-100 km/h: 3,4 Sekunden
  • Höchstgeschwindigkeit: 320 km/h
  • Leergewicht: 1.570 kg
  • Verbrauch: WLTP-Verbrauch: 14,9 Liter
  • Emission: 339 g/km CO2
  • Basispreis: 225.000 Euro

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