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Audi-Chef Markus Duesmann verteidigt große SUVs und erntet Kritik

In der Vergangenheit hat Audi-Chef Markus Duesmann bereits des Öfteren mit polarisierenden Aussagen bei verkehrspolitischen Themen für Aufsehen gesorgt. So zeigte er sich erst kürzlich offen für ein Tempolimit und auch für Fahrverbote. Nun aber verteidigt er in einem Interview mit der Wochenzeitung „Zeit“ die hohen Verkaufszahlen von besonders schweren Autos wie SUVs. Wie passt das zusammen?

Eigentlich weiß Markus Duesmann, was er tut und auch was er sagt. Der 53-Jährige ist nicht erst seit gestern ein hochrangiger Manager in der Automobilbranche. Er studierte Maschinenbau und ist promovierter Diplom-Ingenieur. So war er nicht nur Motorenkonstrukteur bei Daimler, sondern später auch Entwicklungsingenieur bei BMW. Darauf stieg er zum Vorstandsmitglied des Münchener Autobauers auf und schließlich wechselte er im April 2020 zum VW-Konzern und wurde zum Vorstandsvorsitzenden der Audi AG berufen.

Also ein echter Petrolhead, der es momentan nicht leicht haben dürfte. Steht er doch ständig zwischen den Stühlen: Auf der einen Seite vertritt er die Interessen eines riesigen Autokonzerns, auf der anderen Seite muss er sich mit denjenigen auseinandersetzen, die scharfe Kritik an der Automobilbranche und der Politik dahinter üben. Nur logisch, dass Aussagen zum liebsten Kind der Deutschen, dem Auto, für Furore sorgen – hüben wie drüben.

Tempolimits und autofreie Tage habe Duesmann nicht gefordert, auch wenn es so rübergekommen sein soll, antwortet der T-Chef auf die Frage der Wochenzeitung Zeit, die auf kürzlich getätigte Aussagen abzielt: „(…)Ich hatte gar kein Tempolimit gefordert, auch wenn das vielfach berichtet wurde. Ich fahre selbst gerne schnell. Ich liebe unsere freie Gesellschaft und war schon immer gegen Verbote“, heißt es zu Beginn des Interviews. Man müsse aber in dieser außergewöhnlichen Situation, damit meint er die Chipkrise, die Corona-Pandemie und auch den Ukraine-Krieg, Maßnahmen in Erwägung ziehen und dazu zählen auch Tempolimits, wenn nötig. Auch wenn er, wie er selbst sagt, grundsätzlich gegen Verbote sei. Kein Tempolimit zu haben, das sei immerhin ein Ausdruck von Freiheit in Deutschland.

audi-chef markus duesmann verteidigt große suvs und erntet kritik

Der Audi Q8 zählt zu den Flaggschiffen der Marke. Ihn gibt es mit unterschiedlichen Antriebsvarianten | Bild: Audi

Komfort, Sicherheit und Batterien erhöhen das Fahrzeuggewicht

Das kann man sehen, wie man will. Der oder die eine findet diese Aussage gut, andere wiederum nicht. Für alle, die jetzt ihren Kleber aus der Schublade holen, um sich irgendwo aus Protest festkleben möchten, hat Duesmann jedoch kein Verständnis. „Wir sind eine Demokratie und müssen offen diskutieren. Aber andere zu nötigen, geht mir viel zu weit“, sagt er mit Nachdruck. Der Wunsch nach individueller Mobilität sei riesig und wird auch in Zukunft groß bleiben – und Audi werde ihn so CO₂-neutral wie möglich erfüllen. Zur Verteidigung gibt er zu Protokoll: „Unsere Werke werden wir bis 2025 auf CO₂-neutralen Betrieb umstellen.“ Entscheidend werde aber sein, wo die ganze Energie hierfür herkommt. Eine Lösung sei der Ausbau erneuerbarer Energien. Hier passiere momentan noch nicht genug, mahnt der CEO.

Ob die Lösung tonnenschwere Boliden mit großen Akkus im Boden sind, bleibt fraglich. Markus Duesmann, der laut Zeit selbst einen E-Tron GT mit 2,5 Tonnen Gewicht fährt, verteidigt die Daseinsberechtigung von schweren Autos, insbesondere SUVs. Weil diese immer mehr Technik mit sich bringen, die auch zur Sicherheit des Verkehrs beitragen würden. So zieht er den Vergleich zwischen älteren, leichten Autos wie dem Golf in Wechselwirkung mit der Unfallstatistik sowie neuen, sichereren Autos mit viel mehr Sicherheit und Assistenz.

Laut Duesmann starben früher mehr als 20.000 Menschen bei Verkehrsunfällen, im Jahr 2021 wäre diese Zahl auf 2.500 gesunken. Vor allem, weil Autos „viel sicherer, komfortabler und größer“ geworden sind. Da nun auch noch Batterien mit großer Reichweite hinzukommen, steige das Gewicht der Autos weiter. Batterien haben eine geringere Energiedichte als Benzin oder Diesel, weshalb große Akkus momentan noch unabdingbar seien. Hier sei das letzte Wort aber noch nicht gesprochen, denn der Audi-Manager erklärt, dass man „intensiv an Batterien mit höheren Energiedichten“ arbeite, um das Gewicht der Fahrzeuge wieder senken zu können. Diese könne seiner Meinung auch geschehen, wenn die Ladeinfrastruktur weiter ausgebaut werde, so dass man öfter laden kann. Wo die Zeit hierfür herkommen soll, wird allerdings nicht näher erläutert.

audi-chef markus duesmann verteidigt große suvs und erntet kritik

Markus Duesmann sitzt im neuen Audi Q8 E-Tron, der Facelift-Variante des bisherigen SUVs E-Tron (Sportback) | Bild: Audi

„Das Klimaproblem ist nur technologisch zu lösen“

Das Problem, wenn man es so nennen mag, seien die Kunden, die entscheiden, was sie kaufen möchten. Und das seien eben oftmals große SUVs, weil sie für die Insassen ein besonderes Gefühl von Sicherheit vermitteln. Dass kleinere Fahrzeuge bei Audi keine Zukunft haben, begründet Duesmann damit, dass man mit dem Budget haushalten müsse und Angebots-Überschneidungen im Konzern minimiert werden könnten: „Es ist eben nicht für jede Marke richtig, in allen Fahrzeugsegmenten vertreten zu sein“, sagt er weiter im Interview.

VW, Skoda und Seat hätten für Kleinwagen-Fans dennoch das richtige Angebot. Dass gerade SUVs so stark polarisieren, kann Duesmann nicht nachvollziehen: „Ich finde diese Autos nicht massig, sondern schön“, erklärt er. Dafür erntet er jede Menge Kritik, wie einige der über 230 Kommentare zum Zeit-Artikel zeigen. Es gäbe ja auch viele Menschen und Familien, die viel transportieren müssen. Und dafür biete Audi zunehmend elektrische SUVs „mit einem guten Wirkungsgrad“ an.

Der Manager sieht sich bestätigt: Audi habe im Jahr 2021 knapp 60 Prozent mehr E-Autos verkauft als zuvor, heißt es weiter. Die Nachfrage wachse enorm, weil für Elektroautos (noch) keine Kfz-Steuer bezahlt werden muss, sie zudem mit niedrigen Unterhalts- und Reparaturkosten glänzen können und zudem ein angenehmes Antriebserlebnis bieten. Duesmann ist sich sicher: „Die E-Autos werden sich mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur durchsetzen. Es gibt auch keine Alternative, um aus der Klimakrise rauszukommen.“

Nachdrückliche Worte eines Ingenieurs, der auf seiner Karriereleiter viele Jahre mit der Entwicklung und Optimierung von Verbrennungsmotoren verbracht hat. Da macht Markus Duesmann auch keinen Hehl daraus. Im weiteren Gespräch zeigt er sich von der Idee des Verbrenners begeistert: „Der Verbrenner hat den heutigen wirtschaftlichen Wohlstand in Deutschland möglich gemacht und ist eine fantastische Technologie, die wir irgendwann im Museum bestaunen werden. Ich habe die Technologie geliebt, sie ist eine der komplexesten, die man sich vorstellen kann, ein Wunderwerk.“

Dennoch, so sagt er, seien die Tage des Verbrennungsmotors gezählt. Jetzt seien batterieelektrische Fahrzeuge so weit, dass sie alltagstauglich sind. Dass man von fossilen Rohstoffen weg müsse, sei definitiv klar. Und, dass die EU beschlossen hat, ab 2035 den Verkauf von Verbrennern zu stoppen, sei eine gute Nachricht für Audi. Es sei technisch umsetzbar und passe auch zur Strategie der Ingolstädter. Die planen ohnehin, bereits zwei Jahre früher, also 2033, den letzten Verbrenner zu bauen. Duesmann ist der Ansicht, das Klimaproblem sei nur technologisch zu lösen, nicht aber über Verbote. Dies würden die Menschen nämlich nicht akzeptieren.

Quelle: Audi

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