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Audi A4, BMW 3er und Mercedes C-Klasse im Test: Wer holt die Mittelklasse-Krone?

Punkterechner und Zahlenzorros aufgepasst: Wenn der geliftete 3er-BMW auf die deutsche Premium-Konkurrenz trifft, verheißt das ein Rennen um den Testsieg so knapp wie die Chipverfügbarkeit in den Werken Ingolstadt, Bremen und München.

audi a4, bmw 3er und mercedes c-klasse im test: wer holt die mittelklasse-krone?

Der geliftete 3er tritt gegen die neue C-Klasse und den gereiften A4 an. Welche deutsche Premium-Limousine hat am Ende die Nase vorn?

Walter Calé schrieb: “Die Nuancen sind das Unüberbrückbare.” Zwar verfasste der Berliner Dichter diese Zeile rund 45 Jahre bevor Paul Pietsch auto motor und sport – damals noch “Das Auto” – das erste Mal aus der Druckmaschine hob. Dennoch fasst er zusammen, was in unseren Tests stets, im Vergleich dreier Mittelklasse-Hochkaräter mit rund 250 PS und Allradantrieb aber umso mehr gilt: Die Nuancen machen den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage.

BMW 3er: Bedienkönig mit kleinen Schwächen

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Nuancen sind es auch, die beim BMW 3er der Baureihe G20 die Nach- von der Vor-Facelift-Variante unterscheiden, jedoch nur beim Karosseriedesign. Der Motor des 330i dagegen bekam einen in den Zylinderkopf integrierten Abgaskrümmer, überdies wurde der Innenraum kräftig aufgeräumt, um für das neue Operating System 8 auf den beiden großen Curved Displays Platz zu schaffen. Die stellen ihre Inhalte scharf aufgelöst, aber nicht immer ganz übersichtlich dar. In den Hauptmenüs warten entweder Widgets, wobei die Konfigurationsmöglichkeiten hier etwas eingeschränkt sind, oder eine weitläufige App-Landschaft, die sich auch nicht immer auf den ersten Blick erschließt. Oder würden Sie unter “Live Vehicle” nach Bordcomputer-Verbräuchen suchen? Die Direktwahltaste zur Deaktivierung aller Fahrassistenzsysteme musste weichen, sonst gibt Euro NCAP keine fünf Sterne mehr. Eine Direktwahltaste für das Assistenzmenü wie in X1 oder Zweier Active Tourer fehlt ebenfalls. Auch die Klimabedienung wanderte fast vollständig in Menüs.

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Trotzdem bleibt der BMW eine Bank in der Handhabung, seinem Dreh-Drück-Steller sei Dank. Der ist aufgrund der teils langen Bedienwege auch oft nötig. Alternativ führt die Sprachsteuerung zuverlässig durch die Menüs, erledigt Navigations- und Entertainmentanfragen schnell und präzise. Die Ergonomie bleibt hervorragend: tiefe Sitzposition, weite Einstellbereiche.

Freude am Fahren

Dynamiker in Zwangsjacke Ausgerüstet mit M-Paket und dem optionalen Adaptivfahrwerk samt Sportbremse greift der BMW klar nach der Handlingkrone. So ganz zu fassen bekommt er sie aber nicht, denn im Gegensatz zu seinen M-Brüdern agilisiert sein Allradantrieb das Handling nicht über die Hinterachse, sondern ist ein relativ simpler Traktionsapparat. Er nimmt dem 3er einen Hauch Leichtfüßigkeit, einen Tick Gefühl in der Lenkung und eine Nuance Vorwitz im Handling, wenn man das zart übersteuernde Fahrverhalten einer 1.600-Kilo-Limousine noch so nennen kann.

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Dennoch: Die Lenkung arbeitet direkt, um die Mittellage hängt sie noch etwas in der Luft, bevor mit steigendem Lenkeinschlag Feedback im dicken Lenkradkranz ankommt. Zwar federt das M-Adaptivfahrwerk besser als noch bei Einführung der Baureihe, aber der BMW macht keinen Hehl aus seiner dynamischen Ausrichtung. Dazu passen die starken Anhaltewege aus 130 km/h und der beim Start akustisch präsente Motor, dessen Auspuff im Sportmodus Klappen öffnen kann, ohne allzu pubertär zu klingen. Gierig hängt er am Gas, baut zügig Druck auf und versteckt sich auch vor den Sechstausendern nicht, bevor die Achtgangautomatik gewohnt flink und mit nahezu perfektem Timing durch die Fahrstufen tanzt. Auf der Autobahn verstummt der Antrieb dagegen fast vollständig, lediglich ein paar Windgeräusche finden ihren Weg in die Fahrgastzelle.

Mercedes C-Klasse: Komfortabler Gleiter

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In der C-Klasse hört man primär den Antrieb. Der stellt sich im Vergleich zu Audi und BMW mit etwas raueren Umgangsformen vor. Die Neunstufenautomatik wechselt die Gänge mit etwas mehr Bedacht. Hat der Mercedes aber erst mal das Wunschtempo erreicht, beginnt das Verwöhnprogramm. Zwar hat man das Luftfahrwerk aus der Aufpreisliste geworfen, aber was der Mercedes mit seinen Stahlfedern und adaptiven Dämpfern leistet, beeindruckt tief. Bodenwellen werden förmlich aufgesaugt, ohne dass der Aufbau davon etwas mitbekommt. Dementsprechend neigt er sich bei engagierter Gangart auch nicht übermäßig zur Seite. Die Lenkung mixt eine entspannte Kennlinie mit einer schmalen Dosis Feedback, ohne dass mit der optionalen, wendekreisverkleinernden Hinterradlenkung je so etwas wie Unruhe oder Nervosität aufkommt.

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Egal wie und in welche Kurve man den Benz hineinwirft, er kommt ungerührt am anderen Ende wieder heraus. Das ist effektiv, aber nicht übermäßig unterhaltsam. Obwohl er trotz seines hohen Gewichts den besten Kaltbremswert auf die Messstrecke zaubert, wirkt sein langwegiges, recht matschiges Bremspedal durchaus störend.

Das Beste oder Nichts

Die Sitze erfüllen auch mit teils manueller Einstellung den hohen Komfortanspruch. Weniger trifft das auf die fummeligen Lenkradtouchflächen zu, mit denen vor allem die Tempomateinstellung viel Fingerspitzengefühl verlangt. Der mächtige Zentraltouchscreen bündelt fast sämtliche Einstellungen. Seine großen Icons sind gut zu erreichen, wichtige Funktionen liegen direkt auf dem Startbildschirm oder nur eine bis zwei Menüebenen entfernt.

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Und während der BMW viel geschäumten Kunststoff und Leder sauber und makellos in seiner Fahrgastzelle verlegt, schwankt der Mercedes hier etwas mehr zwischen den Extremen. Einerseits fühlt sich sein Leder feiner an, seine Interieurleisten luxuriöser, und er verwendet mehr Aluminium. Aber die hochwertigen Elemente prallen auf mehr Hartplastik im unteren Türbereich und die billige Lenksäulenverkleidung.

Audi A4: Mittendrin statt nur dabei

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Wer den Audi jetzt gegen die jüngere Konkurrenz abschreibt, irrt sich gewaltig. Denn der A4 B9 ist auch nach mehreren kleinen und großen Modellpflegen keiner, der hier nur für die Übergabe der roten Laterne auftaucht. Hohe Ansprüche meldet zuerst der Motor an. Der EA 888 geht zwar nicht ganz so spontan zur Sache wie der B48 des BMW, aber sobald Ladedruck anliegt, pumpt er kraftwerksgleich bis zum Begrenzer, holt sich mit seiner Mehrleistung die Beschleunigungsbestwerte bei gleichzeitig niedrigstem Test- und Eco-Verbrauch. Dazu bleibt er akustisch angenehm unauffällig. Im Gegensatz zu seinen Wandlerkollegen setzt der A4 auf ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, das sich nicht verstecken muss: Die Gangwechsel gehen flink über die Zahnräder, das Anfahren und ruckelfreies Zurückschalten gelingt dem Getriebe ebenfalls mit einem hohen Grad an Finesse.

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Vorsprung durch Technik

Die Lenkung arbeitet etwas direkter als im Mercedes, spricht sauber um die Mittellage an, aber lässt danach etwas Gefühl vermissen. Mit breiten 245er-Vorderreifen kämpft der Audi gegen seine Kopflastigkeit und hält so auch auf geschwungenen Landstraßen mit der Konkurrenz mit, sichert sich im doppelten Spurwechsel gar den Bestwert. Das Adaptivfahrwerk federt sanfter an als im BMW, erreicht aber bei stärkeren Verwerfungen nicht die Güte des Mercedes-Fahrwerks und fühlt sich bei hoher Belastung stößig an.

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Innen wirkt der Audi sieben Jahre nach seinem Debüt noch immer wertig. Besonders die fein klickenden Regler der Klimasteuerung machen jede Temperatureinstellung zu einem haptischen Erlebnis. Dank einiger klassischer Tasten für Klimaanlage und Fahrmodi sowie der einfachen Lenkradbedienung kommt auch im Audi wenig Bedienfrust auf. Zwar ist der Touchscreen klein, und die Menüs gehen etwas tiefer als beim Mercedes, aber die Ablenkung ufert nicht allzu sehr aus. Vorn stützen die gut konturierten S-line-Sitze, hinten die am besten ausgeformte Rückbank, die den Audi eine weitere Nuance an BMW und Mercedes heranrückt.

Ein Rennen um Nuancen

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Bei den Kosten kann der Audi erneut aufholen, da er klar am günstigsten kommt, ohne jedoch ein Schnäppchen zu sein. Der BMW kostet mit M-Paket am meisten, bringt aber bereits viel Ausstattung mit, die Mercedes mit knackigen Summen separat berechnet, was den C 300 einige Punkte im Ausstattungskapitel kostet. Schlussendlich ist es aber auch die Kostenwertung, die den Audi vor den Mercedes schiebt.

Es sind Nuancen, die dem BMW diesmal die Brücke zum Sieg bauen. Weniger in der Kostenwertung, dafür in den Bereichen Antrieb und Sicherheit. Audi und Mercedes müssen sich knapp geschlagen geben, zeigen aber trotzdem, auf welch hohem Niveau sie unterwegs sind.

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