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Aprilias neues Aero-Paket: Abtrieb "gewaltig", Espargaro erwägt OP

Aprilia rückte beim letzten MotoGP-Vorsaisontest 2023 mit einem umfangreichen Aero-Update für die RS-GP aus. Sowohl am Samstag als auch am Sonntag waren an den Motorrädern der Aprilia-Werkspiloten Aleix Espargaro und Maverick Vinales mehrere neue Flügel, Winglets und andere Luftleitelemente zu sehen. Unterschiedliche Konfigurationen sind möglich. In der kompletten Konfiguration ist der generierte Abtrieb laut Espargaro “gewaltig”.

Neben einem Heckflügel auf dem Höcker hinter dem Sitz, der schon im vergangenen Jahr in Mugello erstmals getestet wurde, hat Aprilia nun einen neuen Spoiler an der Front eingeführt. Der ist direkt an der Gabel und somit noch vor der Verkleidung angebracht.

Abgesehen davon gibt es am Vorderrad ein neues Luftleitelement, das nach unten gebogen ist. Komplett gemacht wird das Aero-Paket von Aprilia durch die abgestufte Verkleidung, die genau wie der Heckspoiler schon 2022 zu sehen war und die mittlerweile von anderen Herstellern kopiert wurde.

Einer der Köpfe hinter dem neuen Aeropaket bei Aprilia ist Marco de Luca, ein Ingenieur, der genau wie Aprilia-Rennleiter Massimo Rivola aus der Formel 1 kommt. De Luca arbeitete einst für die Teams Minardi, Benetton und Ferrari. Außerdem war er für Mercedes in der DTM tätig. Als letzte Station vor seinem Wechsel zu Aprilia war er für McLaren tätig.

“Die Aerodynamik an unserem Motorrad ist nicht direkt von der Aerodynamik von Autos inspiriert”, erklärt de Luca im Gespräch für die spanischsprachige Edition von ‘Motorsport.com’. “Aerodynamik ist ein weiträumig gültiges Konzept. Was wir hier tun ist, an individuellen Lösungen zu arbeiten, um das zu erreichen, worum uns die Fahrer bitten.”

“Sei es mehr Stabilität auf der Bremse, ein besseres Kurvenverhalten oder aber ein ruhiger liegendes Motorrad bei hohen Geschwindigkeiten: Die MotoGP-Bikes werden immer ausgereifter und leistungsstärker. Um sie auf dem Boden zu halten, braucht es Aerodynamik”, sagt de Luca.

Aero-Paket schon länger fertig, aber erst in Portimao ausgepackt

Aleix Espargaro verrät, dass Aprilia das umfangreiche Aero-Paket schon Anfang Februar beim Sepang-Test hätte einsetzen können. Man hat sich aber bewusst dagegen entschieden und bis zum letzten Vorsaisontest an diesem Wochenende in Portimao gewartet.

“Wir hatten es in Sepang dabei. Es war sogar schon komplett am Motorrad montiert. Letzten Endes aber haben wir entschieden, nicht damit zu fahren. Wir wollten verhindern, dass es kopiert wird”, sagt Espargaro, der nun in Portimao genau wie Teamkollege Vinales erstmals mit allen neuen Teile ausgerückt ist.

Aprilia RS-GP mit Aero-Updates

Spoiler an der Gabel (unterhalb des großen Flügels) und Aero-Elemente am Rad

Foto: German Garcia Casanova

Allerdings – und das bekam vor allem Espargaro zu spüren – hat das umfangreiche Aero-Upgrade nicht nur Vorteile.

Espargaro: Macht “gewaltiger” Abtrieb eine Arm-OP nötig?

“Es macht einen großen Unterschied”, vergleicht Espargaro das Fahren mit dem kompletten Aero-Paket mit dem Fahren ohne all die Anbauteile. “Wir haben hier jede Menge Dinge getestet. Mit der kompletten Aero-Konfiguration sind die Geschwindigkeiten in der letzten Kurve (Kurve 15) und auch vor dem Sprunghügel (Kurve 8; Anm. d. Red.) wesentlich höher. Der Abtrieb ist gewaltig.”

So gewaltig, dass Espargaro den Test am Samstag nach 60 Runden abbrechen musste. Teamkollege Vinales, der keine Probleme hatte, fuhr 88 Runden. Am Sonntag war der Unterschied noch extremer. Espargaro drehte nur 52 Runden, Vinales hingegen 82. In der Zeitenliste belegte Espargaro P12 (Samstag) und P10 (Sonntag). Vinales reihte sich auf P3 (Samstag) und P12 (Sonntag) ein.

Aleix Espargaro

Am Sonntag war Espargaro mangels Kraft nicht in der Lage, längere Stints zu fahren

Foto: Gold and Goose / Motorsport Images

Espargaro klagte schon am Samstag über Schmerzen im rechten Arm. Die wurden am Sonntag noch stärker. Der Spanier vermutet, dass die Schmerzen mit dem immensen Abtrieb und somit mit den Aero-Updates an der Aprilia RS-GP zusammenhängen könnten.

“Ich bin mir nicht sicher, ob das Armpump daher kommt, aber der Abtrieb ist gewaltig”, sagte Espargaro am Samstag. Und nachdem er am Samstagabend von den Ärzten untersucht wurde, drückt er sich am Sonntag ein bisschen anders aus.

“Leider hatte ich heute kaum Kraft im Arm. Deshalb bin ich nur ein paar Shortruns gefahren, um ein paar Dinge für die Zukunft zu testen, wie etwa die Geometrie des Motorrads. Das war positiv. Ich war recht schnell. Aber weil mir die Kraft im Arm fehlt, musste ich jeweils nach drei Runden aufhören”, so Espargaro.

Das Problem ist “als wäre der Arm komplett eingeschlafen. Es ist wohl eine große Entzündung, die sich auf den Muskel auswirkt”, so der Aprilia-Pilot und weiter: “Es ist wirklich seltsam, denn es ist kein echtes Armpump-Problem. Es ist nicht so, dass der Arm angeschwollen wäre. Es ist aber definitiv so, dass mir die Kraft fehlt. Deshalb kann ich nicht so bremsen wie ich das gerne tun würde.”

Um das Problem zu beheben, überlegt Espargaro nun, sich direkt am Montag in Barcelona operieren zu lassen. Das hatte er am Samstag bereits als Option in Erwägung gezogen. Am zweiten Testtag wurde eine OP noch wahrscheinlicher.

Aprilia und Yamaha setzen auf andere Heckflügel als Ducati

Wie empfindet derweil Espargaros Teamkollege Vinales das Fahren mit all den neuen Aero-Teilen? “Man spürt einen großen Unterschied, vor allem in Bezug auf den Abtrieb”, sagt auch er und stimmt Espargaro insofern zu, dass es “wie immer positive und negative Aspekte gibt”.

Körperliche Probleme aber hatte Vinales zumindest am Samstag keine. Da nämlich ließ er direkt nach seinen 88 Runden wissen: “Ehrlich gesagt hatte ich am gesamten Tag keine Probleme. Körperlich geht es mir gut.”

Übrigens: Ein Heckflügel, wie ihn unter anderem Vinales am Samstag im Einsatz hatte (Titelfoto), wurde am Sonntag in einer noch deutlich extremeren Version von Yamaha gezeigt. Auf dem Höcker der M1 war ein Flügel zu sehen, der von den Dimensionen her jenen von Aprilia noch deutlich überragt.

Yamaha YZR-M1 mit Heckflügel

Diesen Heckflügel probierte Yamaha in den letzten Stunden des Tests aus

In beiden Fällen handelt es sich um ganz andere Flügel als etwa die “Stegosaurus”-Flügel auf dem Höcker der Ducati. Die nämlich sind vertikal (auf beiden Seiten) angebracht, wohingegen man sich bei Aprilia und Yamaha für horizontale Lösungen entschieden hat.

“Der Ducati-Flügel dient dazu, das Motorrad auf der Bremse stabiler zu machen. Der horizontale Flügel hingegen ist darauf ausgelegt, das Handling in den Kurven zu verbessern. Das ist es, worauf man es bei Yamaha abgesehen hat”, erklärt ein Aprilia-Ingenieur gegenüber der spanischsprachigen Ausgabe von ‘Motorsport.com’, nachdem er den Yamaha-Flügel schon am Freitag gesehen hatte.

Mit Bildmaterial von Gold and Goose / Motorsport Images.

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