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Allianz auf Augenhöhe

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Luca De Meo ist seit 2020 Geschäftsführer von Renault.

Allianz auf Augenhöhe

Renault und Nissan legen ihre interne Konkurrenz bei. Dafür reduzieren die Franzosen ihre Stimmrechte am japanischen Autobauer.

Monatelang haben die Autohersteller Renault und Nissan um die Zukunft ihrer Allianz gerungen. Jetzt haben sie ein Ergebnis gefunden, das beide Konzerne auf Augenhöhe bringt und den Weg für neue Projekte freimachen soll. Der seit 2020 amtierende Renault-Chef Luca de Meo kann damit die größte Baustelle im Unternehmen bereinigen und seinen Plan einer eigenen Elektrosparte voranbringen – allerdings um den Preis eines deutlichen Machtverlusts.

Offiziell sprechen die Konzerne von „gestärkten Bindungen“ und „maximierter Wertschaffung“ für alle Beteiligten. Sie wollen nun neue Gemeinschaftsprojekte in den Bereichen Märkte, Fahrzeuge und Technologien angehen. Details müssten allerdings noch ausgehandelt werden, und auch die Gremien auf beiden Seiten haben noch nicht zugestimmt. Die Unternehmenschefs de Meo und Makoto Uchida äußerten sich in der offiziellen Mitteilung vom Montag noch nicht.

2002 schlossen Renault und Nissan ihre Allianz, zu der seit 2016 auch die Nissan-Beteiligung Mitsubishi gehört. Der Kern waren gegenseitige Unternehmensbeteiligungen mit einem klaren Übergewicht bei den Franzosen: Renault beteiligte sich mit 43 Prozent bei Nissan, die Japaner umgekehrt mit 15 Prozent bei Renault. Zeitweise war auch der Daimler-Konzern – heute Mercedes-Benz – mit kleinen Beteiligungen Teil der Allianz.

In der Praxis wurde das Konstrukt allerdings nur von einem Mann zusammengehalten: Carlos Ghosn, gleichzeitig Topmanager bei Renault und Nissan. Die ungewöhnliche Konstruktion funktionierte zunächst, weil Ghosn als Retter der damals schwer kriselnden Marke Nissan galt. Der gebürtige Brasilianer mit libanesischen Wurzeln und französischer Ausbildung wurde in Japan zeitweise wie ein Popstar verehrt.

Damit ist es spätestens seit dem November 2018 vorbei: Ghosn wurde in Tokio unter Korruptionsverdacht festgenommen und floh später unter abenteuerlichen Umständen in den Libanon. Er soll unter anderem sein Einkommen gegenüber Behörden falsch angegeben und Firmenvermögen für private Zwecke verwendet haben. Ghosn selbst bestreitet das, neben Japan hat aber auch Frankreich einen internationalen Haftbefehl erlassen – vor dem der 68-Jährige in Beirut sicher ist.

Allerdings dürfte der Verdacht 2018 nicht zufällig aufgekommen sein. Ghosn selbst behauptet, dass japanische Manager und hochrangige Beamte ihn mit den Vorwürfen bewusst kaltgestellt hätten, um eine vollständige Übernahme Nissans durch die Franzosen zu verhindern. Solche Pläne hat es offenbar gegeben und aus japanischer Sicht kamen sie auf keinen Fall infrage: Seit Jahren ist Renault der Problemfall und Nissan der deutlich stärkere Partner. Mit Ghosns Sturz begannen die Versuche, die Allianz neu zu sortieren.

Am Ende gelang es nur mit einem Kunstgriff: Renault parkt einen großen Teil seiner Nissan-Aktien bei einem französischen Treuhandfonds. Dort bringen sie zwar weiter Dividende, die Stimmrechte sollen aber nicht genutzt werden. In der Praxis ist nun jedes Unternehmen mit 15 Prozent am anderen beteiligt. In Japan begrüßten die Medien am Montag das Ende der französischen Vorrangstellung.

Auf der anderen Seite wird sich Nissan an Ampere beteiligen, einem schon länger geplanten neuen Unternehmen, in dem de Meo alle Renault-Aktivitäten zu Elektromobilität und Software zusammenfassen will. Luca de Meo plant eine komplette Neuorganisation des Unternehmens mit weitgehend unabhängigen Einheiten, die auch für Partner offen sein sollen.

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